Das fundamentalste Element im Universum ist Wasserstoff, bestehend aus einem Proton im Kern. Sämtliche schwerere Elemente werden gebildet, indem Protonen und Neutronen verschmelzen. Diese Prozesse jedoch erfordern extrem hohe Energien und Temperaturen von mindestens zehn Millionen Grad. Die zwei entscheidenden Reaktionen sind Kernfusion und Neutroneneinfang. Die Kernfusion erfordert zwar äußerst hohe Temperaturen, setzt jedoch Energie frei, solange Elemente leichter als Eisen prozessiert werden. Tatsächlich nutzt die Natur diesen Prozess als eine Art Ofen um Wärme (thermische Energie) zu produzieren. Für die Bildung aller Elemente schwerer als Eisen muß die Natur jedoch einen Tribut in Form von großen Mengen von Energie zahlen: Temperaturen über einige Milliarden Grad sind notwendig, ohne daß Energie gewonnen werden kann.
Ganz am Anfang werden die sogenannten primordialen Elemente (H,He,Li)
kurz nach
dem Urknall gebildet. Der Aufbau sämtlicher höherer Elemente findet
ausschließlich in Sternen statt. Diese schleudern in der Endphase ihrer
Entwicklung einen Teil ihrer Masse in das interstellare Medium und
``verunreinigen'' es mit der ``Asche'' des nuklearen Brennens: den schweren
Elementen. Sterne entstehen aus Klumpen von Gas lange nach dem Urknall und
bilden ihrerseits Systeme, die wir Galaxien nennen. Innerhalb der
Galaxien werden sukzessive stellare Populationen aus chemisch angereichertem
Material gebildet, die wiederum zur chemischen Anreicherung des interstellaren
Mediums in Form von Supernova Explosionen
(Abb. SN1987A,
Cygnus Loop)
und Planetarischen Nebeln (Abb. NGC6543,
NGC7027, Sanduhr-Nebel) beitragen.
In unserer Galaxis dauerte es ca. zehn Milliarden Jahre, bis das
interstellare Medium solare Metallizität hatte. Zu diesem Zeitpunkt
bildete sich die Sonne mit ihrem Planetensystem, darunter auch die Erde. In
etwa 4,5 Milliarden Jahren wird auch die Sonne zur Anreicherung des
interstellaren Medium beitragen und einen Teil ihrer Masse in Form eines
Planetarischen Nebels abwerfen.
Wird denn der Zyklus von Sternbildung (Abb. Orion Nebel,
Cartwheel Galaxie)
und chemischer Anreicherung durch Sterntode irgendwann unterbrochen?
Im Prinzip ja. Jedesmal, wenn eine neue Sterngeneration gebildet wird,
)
verschwindet ein Teil der Masse aus dem Kreislauf. Aus diesem Anteil bilden
sich die ``stellaren Überbleibsel'' (Abb. N132D)
Weiße Zwerge, Neutronensterne, Schwarze Löcher.)
Zusätzlich heizen die Supernova-Explosionen das interstellare Medium noch
auf, so daß Gas aus der Galaxie heraus getrieben werden kann. So oder so,
irgendwann wird kein Gas mehr übrig sein, aus dem Sterne geformt werden
könnten. Wenn dann die Sternentstehung
aufhört, besteht die Galaxie im wesentlichen aus Sternen und den
Überbleibseln der Explosionen (zusätzlich
zur Dunklen Materie).
Die jüngsten Sterne, die erst vor kurzem geboren
wurden besitzen den größten Anteil an Metallen. Die ältesten Sterne
hingegen haben eine chemische Zusammensetzung, die dem Anfangszustand kurz
nach dem Urknall sehr nahe kommt, und sind daher die einzigen Zeugen aus der
Frühphase der Entwicklung einer Galaxie. Mit Beendigung der Sternbildung
ist die aktive Phase der Galaxienentwicklung zunächst vorüber, die
Galaxie entwickelt sich von nun an passiv.
Man kann daher allein aus der chemischen Zusammensetzung von Sternen verschiedenen Alters eine Menge über die Geschichte der Sternentstehung in Galaxien lernen. Die zwei wesentlichen Hubble Galaxien-Typen haben vollkommen unterschiedliche Sternentstehungsgeschichten. Man nimmt an, daß Elliptische Galaxien den Groß teil ihrer Sterne in einer sehr kurzen und intensiven Phase der Sternentstehung zu Beginn ihrer Entwicklung bilden. Diese dauert höchstens 1 Milliarde Jahre und wird abrupt beendet, wenn die Energie der Supernovae ausreicht, das restliche interstellare Gas aus der Galaxie herauszublasen.
Spiralgalaxien wie die Milchstraße hingegen wandeln ihr Gas sehr viel sparsamer in Sterne um. Da sie ihre Scheiben nur allmählich (die Zeitskala beträgt ca. vier Milliarden Jahre) durch Akkretion von Gas aufbauen, wird die Sternentstehung auf einen langen Zeitraum ausgedehnt. In der Tat werden in den Spiralarmen unserer Galaxis auch heute noch Sterne gebildet.
Am Institut für Astronomie und Astrophysik der
Ludwig-Maximilians-Universität München enwickeln wir Computerprogramme,
die den Prozeß der chemischen Anreicherung wie oben geschildert numerisch
beschreiben. Diese Programme simulieren die chemische Entwicklung von
Galaxien während ihrer Entstehung und ihrer weiteren Entwicklung.
Verschiedene Sternentstehungsgeschichten führen zu
unterschiedlichen chemischen Häufigkeiten in den Sternen und im
interstellaren Medium der Modell-Galaxien. Diese theoretisch berechneten
Häufigkeiten können dann mit Beobachtungsdaten von Sternen unserer oder
weiter entfernter Galaxien verglichen werden. Diese erhält man durch Analyse
der beobachteten Spektrallinien im Licht, das von den Sternen der jeweiligen
Galaxie ausgesendet wird. Indem versucht wird, mit den Simulationen die
Beobachtungsdaten theoretisch zu reproduzieren, können unterschiedliche
Szenarien zur Galaxienentstehung getestet werden.
Man kann jedoch noch einen Schritt weiter gehen. Ein Teil der Galaxien im
Universum schließen sich zu Haufen zusammen.
In diesen
ist (ursprünglich) primordiales Gas eingeschlossen,
angereichert durch jene Galaxien, die es geschafft haben, ihr interstellares
Medium herauszublasen. Galaxienhaufen sind somit ökologische Systeme ähnlich
wie die Galaxien selbst. Ihre chemischen Zusammensetzungen werden nun
bestimmt von Galaxienentstehung und -entwicklung. Daher entwickeln wir an
der Sternwarte zusätzlich ein Programm, das die chemische Entwicklung von
Galaxienhaufen beschreibt. Sterne reichern das interstellare
Medium der Galaxien, diese Galaxien wiederum das intergalaktische
Medium im Haufen an (auch Intracluster-Medium genannt).
Dessen chemische Häufigkeiten und Elementverhältnisse
hängen nun stark davon ab, welcher Galaxientyp
(Elliptische Galaxien,
Spiralgalaxien, oder gar
Zwerggalaxien)
den wesentlichen Anteil zur Anreicherung an
Elementen beiträgt. Durch einen Vergleich zwischen Theorie und Beobachtung
kann wiederum unser Wissen über die Entstehung und Entwicklung von
Galaxienhaufen verbessert werden.