Auf den ersten Blick scheinen elliptische Galaxien - anders als
Spiralgalaxien - recht langweilig zu sein: Sie bieten dem
Betrachter weder eindrucksvolle Spiralstrukturen noch wunderschöne
Sternentstehungsgebiete, sondern
präsentieren sich am Himmel
als leicht rötliche und strukturlose Helligkeitsverteilungen.
Sie ähneln den Zentralgebieten der Spiralgalaxien - den Bulges -
auf bemerkenswerte Weise (siehe Bilder), so daß Astronomen sie lange Zeit
als leuchtkräftige Bulges ohne Scheiben bezeichnet haben.
Elliptische Galaxien
enthalten bis zu 1 Billion Sterne, während unsere Heimatgalaxie, die
Milchstrasse (eine Spirale), nur etwa 10 Milliarden Sterne beherbergt.
Mit Massen von bis zu 1042 kg (
ca. eine Billion Sonnenmassen)
zählen sie somit zu den massereichsten Sternensystemen im
Universum.
Die uns nächstgelegene helle elliptische Galaxie, NGC 3376
befindet sich etwa 43 Millionen Lichtjahren weit entfernt
und liegt damit deutlich
außerhalb der lokalen Gruppe.
Wegen dieser großen Entfernung können wir sie nicht mit dem bloßen
Auge am Nachthimmel ausmachen - und das, obwohl sie etwa so hell
wie 10 Milliarden Sonnen scheint.
Üblicherweise sind elliptische Galaxien in großen Ansammlungen,
den sogenannten Galaxienhaufen, zu
finden, die typischerweise einige tausend Galaxien enthalten.
K-Riesensterne dominieren das Licht elliptischer Galaxien und verleihen
ihnen ihre nahezu gleichförmig rote
Farbe; den Namen verdanken sie ihrem kreisförmigen oder
elliptischen Erscheinungsbild.
Als gängigste Erklärung für die beobachteten
elliptischen Abweichungen von der Kreisform galt unter Wissenschaftlern noch
bis vor ein paar Jahren die gleichförmigen Rotation der Sterne.
Für Gas- oder Staubanteile, die z.B. die Spiralgalaxien so vielfältig
aussehen lassen, gab es für Ellipsen lange Zeit keinen Nachweis.
Und das, obwohl Sterne im Laufe
ihrer Entwicklung Gas verlieren, das sich in der Galaxie selbst ansammeln
sollte.
Wegen ihrer scheinbar unspektakulären Eigenschaften, haben sich Astronomen
die Entstehung elliptischer Galaxien noch bis zum Ende der 70er Jahre
entsprechend einfach vorgestellt:
In der Frühzeit des Universums sollten sie aus dem Kollaps einer
gigantischen Gaswolke entstanden sein und dabei in
kürzester Zeit all ihr Gas in Sterne umgewandelt haben.
Anschließend - so dachten die Forscher - haben sie sich dann
``zur Ruhe gesetzt'' und bis zur
heutigen Zeit - über einen Zeitraum von etwa 10 Milliarden Jahren -
keine weitere Entwicklung durchgemacht.
In den letzten 20 Jahren haben sich die
Beobachtungsmethoden und -techniken (HST, HET)
so rasant entwickelt,
daß wir heute in der Lage sind sogar extragalaktische Objekte in
großen Entfernungen genau zu vermessen.
Auch
sind neuerdings Beobachtungen in verschiedensten Wellenlängenbereiche
des elektromangetischne Spektrums möglich.
Früher war nur das sichtbare Licht zugänglich;
heute können astronomische Beobachter darüber hinaus
sowohl im langwelligeren (Radiowellen und
Infrarot/Wärme- Strahlung), als auch im kurzwelligeren Bereich,
(ultraviolettes und Röntgenlicht) Daten gewinnen.
Auf Grund einer Fülle von neuen Informationen hat sich nun
das Bild von elliptischen Galaxien revolutioniert.
So besitzen sie zum Beispiel, wie Spiralgalaxien, auf großen wie auf
kleinen Skalen Strukturen.
Eine genaueren Analysen der Isophoten ( Linien gleicher Helligkeit )
zeigt uns unter anderem, daß es zwei Klassen elliptischer Galaxien
gibt: Die hellsten massereichsten Ellipsen sind vorwiegend
kastenförmig oder boxy, während die leuchtschwächeren
Galaxien im Mittel eher die Form einer Zitrone haben und wir sie deshalb als
disky Ellipsen bezeichnen.
Die zitronenförmigen Isophoten dieser disky
Ellipsen stellen wir uns durch die Überlagerung eines Ellipsoids und einer
kleinen Scheibe vor.
Im Gegensatz zu den Scheiben in
Spiralgalaxien bestehen sie allerdings im wesentlichen aus Sternen und
enthalten kein Gas und nur geringe Mengen an Staub.
Aus Spektren
der Galaxien können wir die geordnete Rotation sowie die
ungeordnete thermische Bewegung ihrer Sterne messen.
Für disky Objekte können wir
mit diesen Messungen ihre Abplattung (elliptische Form)
tatsächlich durch die Rotation der Galaxiensterne erklären.
In boxy Objekten jedoch verursachen die unterschiedlichen
Geschwindigkeiten verschiedener Sterne - ihre ungeordnete thermische Bewegung -
das elliptische Erscheinungsbild der Galaxien: Auch sie sind abgeplattet und
das obwohl ihre Sterne im
allgemeinen keine gemeinsame Rotation ausführen.
In den Zentren elliptischer Galaxien gibt es weitere Überraschungen zu
entdecken: Nicht selten finden wir dort zentrale Scheiben oder Kerne, deren
Sterne sich unabhängig von den Sternen im
äußeren Galaxienteil bewegen.
Viele dieser Kerne sind mit kleinen, jedoch imposanten,
Staubringen verknüpft.
Aus den Spektren
einer Galaxien können wir nicht nur die Bewegung der
Sterne, sondern auch ihr mittleres Alter und ihre chemische
Zusammensetzung ableiten.
In neuesten Untersuchungen finden wir in einigen Ellipsen
überraschend Anzeichen
für Sterne mit einem jugendlichen Alter von wenigen Milliarden Jahren.
Das bedeutet, daß entgegen früherer Vermutungen, nicht alle Sterne
elliptische Galaxien vor 10 Milliarden entstanden sind, sondern ein Teil erst
jüngst geboren wurde.
Auch das anscheinend ``verschwundene Gas'' können wir mit den neuen
Beobachtungstechniken ``sehen''. Es befindet sich in riesigen
sogenannten Röntgenhalos,
Wolken aus sehr heißem Gas (etwa 10 Millionen Grad Celsius!),
die die Galaxien umgeben.
Die Ausdehnung dieser Halos geht zum Teil weit über die
Grenzen der Galaxie hinaus. Basierend auf dem Sternenlicht, messen wir
für elliptische
Galaxien eine typische Ausdehnung von etwa 80000 Lichtjahre
oder 2,5 Trillion km (2,5 mit 18 Nullen).
Heißes Röntgengas dagegen finden wir in Extremen Fällen
bis zu einer Entfernung von 1,5 Millionen Lichtjahren
vom Zentrum der Sternensysteme.
Mit Hilfe der Daten, des Röntgensatellites
des Max-Plank-Institutes für extraterrestrische Physik in Garching -
ROSAT - untersuchen wir die
Eigenschaften dieser
Halos, um weitere Geheimnisse der elliptischen Galaxien zu lüften.
Die neuen Erkenntnisse die wir in den
letzten zwei Jahrzehnten über elliptische Galaxien gewonnen haben,
werfen die alten, einfachen Vorstellungen über
ihre Bildung und Entwicklung völlig
über den Haufen.
Aus der Fülle von neuen Daten und den daraus abgeleiteten
Eigenschaften der Galaxien entsteht zur Zeit ein neues, weitaus komplexeres
Bild: Boxy Ellipsen können
demnach durch die Verschmelzung zweier Galaxien zu einer
einzigen großen,
massereichen und leuchtkräftigen Galaxie, entstanden sein. Nur so können
wir zum Beispiel die Existenz von gegenrotierenden Kernen in etwa einem
Drittel dieser Galaxien erklären.
Die leuchtschwächeren disky Ellipsen scheinen
dagegen eine weit weniger turbulente
Entwicklungsgeschichte durchlaufen zu haben.
Bevor wir alle Einzelheiten
dieses großen Puzzles zusammensetzen können, bedarf es noch viel
Forschungsarbeit.
Entsprechend sind wir in der extragalaktischen Arbeitsgruppe der USM
intensiv damit beschäftigt, die Eigenschaften elliptischer
Galaxien im lokalen Universum sowie bei sehr großen Entfernungen
noch genauer zu untersuchen,
um ihre Entstehung und Entwicklung
Stück für Stück besser zu verstehen.