Das Universum ist in ständigem Wandel. Kein Zustand verharrt, nichts
bleibt wie es ist. Sogar Objekte von der Größe einer Galaxie
verändern sich: sie entstehen, entwickeln sich, ballen sich zu
Galaxienhaufen zusammen, verschmelzen mit anderen Galaxien und auf
diese Art vergehen manche wieder.
Galaxien werden morphologisch entlang der nach dem bekannten
Astronomen E. Hubble genannten Sequenz
klassifiziert. Wenn Sie Lust haben, können Sie selbst
das Klassifizieren
mal ausprobieren.
Vergleichen wir die Spektren der Galaxien entlang der Hubble-Sequenz!
Zum Beispiel das Spektrum der
Ellipse ngc4889
und der Spirale ngc6181
vom Untertyp Sc. Es
fällt sofort auf, daß die elliptischen Galaxien viel stärker im
roten Licht leuchten als die Spiralgalaxien. Andererseits nimmt der
relative Anteil des blauen Lichts von den Elliptischen Galaxien über
die Spiralen bis hin zu den irregulären Galaxien stetig zu. Auch
spitze, scharfe Linien zusätzlichen Lichtes, sogenannte
Emissionlinien treten vermehrt auf.
Aus dem
Spektrum einer Galaxie können Aussagen über die in der
Galaxie enthaltenen Sterne abgeleitet werden. Man kennt die Spektren vieler
verschieden großer und verschieden alter Sterne aus der Nachbarschaft
unserer Sonne, also aus unserer eigenen Galaxie, der
Milchstraße.
Werden diese bekannten Sternspektren geschickt kombiniert, so kann das
beobachtete Spektrum einer entfernten Galaxie gut reproduziert
werden. So erhalten die Astronomen Hinweise, wie viele junge und alte,
massereiche und massearme Sterne eine Galaxie enthält.
Die auffälligen Emissionslinien entstehen durch die Wechselwirkung des sehr energiereichen Lichtes junger, heisser Sterne mit dem in der Galaxie verteilen Gas und geben nützliche Hinweise über die Rate, mit der eine Galaxie neue Sterne bildet. Daher weiss man, daß Galaxien mit stark roten Spektren vorwiegend alte Sterne enthalten. Galaxien mit sehr blauen Spektren enthalten viele junge, heisse und kurzlebige Sterne. Dies bedeutet, daß blaue Spiralgalaxien und besonders irreguläre Galaxien viele junge Sterne enthalten, und weiterhin dabei sind, Sterne zu bilden. Elliptische Galaxien hingegen bilden keine Sterne mehr.
Galaxien können sich prinzipiell auf zwei Arten entwickelen: Da sich die Sterne einer Galaxie im Laufe der Zeit entwickeln, muß sich schon deshalb die Galaxie entwickeln. Neben dieser Entwicklung durch die Veränderung ihrer Sternpopulation könnte die Galaxie aber auch ihre Morphologie verändern, z.B. durch äußere Einflüsse. Demzufolge fragt man sich, ob es eine Verbindung zwischen den verschiedenen Galaxientypen gibt. Sind manche Typen junge Galaxien - gleich nach ihrer Geburt -, während andere Typen den Greisen unter den Galaxien entprechen? Kann sich ein Typ in einen anderen Galaxientyp verwandeln? Die Erforschung der Galaxienentwicklung ist ein sehr junges Gebiet der astrophysikalischen Wissenschaft, mit vielen Überraschungen und rasch folgenden neuen Erkenntnissen, welches sehr von der Entwicklung der neuesten Generation von Großteleskopen und vom Hubble-Weltraumteleskop profitiert.
Einen eindrucksvollen Einblick in die Entwicklungsgeschichte der
Galaxien gibt das sogenannte Hubble Deep Field, eine
Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops. Es ist die längste
Belichtung, die dieses Teleskop je gemacht hat, mehr als 200 Stunden
schaute es nur auf diesen winzigen Himmelsausschnitt im Sternbild
Großer Bär! Auf diesem Bild, dem Hubble Deep field, sind extrem
leuchtschwache und weit entfernte Objekte zu sehen. In dieer Qualität
wären sie mit erdgebundenen Teleskopen nicht beobachtbar.
Auf diesem Bild fallen die vielen schwachen blauen Galaxien auf. Aus der Messung ihrer Rotverschiebung weiss man, daß es sich um sehr weit entfernte Objekte handelt. Daher sehen wir diese Objekte so, wie sie vor milliarden Jahren ausgesehen haben. Sind diese sehr blauen, unregelmässig geformten kleinen Objekte die Vorgänger heutiger Galaxien?
Tatsächlich ähneln diese Objekte den heutigen irregulären Galaxien. Man könnte daher annehmen, dass sich irreguläre Galaxien im Laufe der Zeit zu Spiralen oder sogar zu Ellipsen entwickeln. Vergleicht man allerdings die Anzahldichte dieser blauen Objekte mit der Anzahldichte heutiger Galaxien, so stellt man fest, daß auf der Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops weit mehr solcher Objekte zu sehen sind als erwartet! Auch sind diese Objekte leuchtschwächer als die lokalen Vergleichsobjekte. Das bedeutet, daß sowohl die Leuchtkraft als auch die Zahl der Galaxien einer Entwicklung unterliegt. Galaxien müssen sich in der Vergangenheit also sowohl durch Vereinigung und damit einhergehender Veränderung ihrer Morphologie, als auch durch Veränderung ihrer Sternpopulation entwickelt haben.
Tatsächlich kennen wir Beispiele von nahen Galaxien, welche im
Begriff sind, sich zu vereinigen.
Ein solcher Fall ist die sogenannte
Antennengalaxie. Auf diesem Bild sieht man, wie
die Kerne der Galaxien zu verschmelzen beginnen, während die
Randbereiche durch Gezeitenkräfte nach außen geschleudert werden,
was die antennenähnliche Struktur erzeugt.
Wie man aus Simulationen solcher
Verschmelzungsprosesse
etwa gleich
größer Spiralgalaxien weiss, entstehen hierbei elliptische
Galaxien. Sind die beiden verschmelzenden Galaxien von sehr
unterschiedlicher Masse, so hat der Verschmelzungsprozess auf die
Morphologie der größeren der beiden Galaxien keinen merklichen
Einfluß.
Bei Verschmelzungsprozessen wird das in den Galaxien enthaltene Gas
durcheinander gewirbelt, was starke Sternentstehung zur Folge hat. So
erklärt man sich die Entstehung großer elliptischer Galaxien. Das
Gas der aufeinendertreffenden Galaxien wird bei der Verschmelzung fast
gänzlich in Sterne umgewandelt, deshalb enthalten elliptische
Galaxien kein Gas mehr und können keine Sterne mehr bilden.
Spiralgalaxien wachsen wahrscheinlich durch stetigen Einfall von Gas
in die Scheibe der Galaxie, wodurch diese ihre fortdauernde
Sternentstehung aufrechterhalten können. Seltener kommt es vor, daß
kleine Galaxien von den Spiralen aufgesammelt werden.
Spiralgalaxien, die keine großen Verschmelzungsprozesse erleben,
entwickeln sich im Laufe der Zeit zu S0-Galaxien. Dies sind rote
Scheibengalaxien, welche ihr Gas bereits weitgehend verbraucht haben
und somit keine Sternentstehung mehr haben. Eine Spiralstruktur in der
Scheibe weisen S0-Galaxien nicht auf.
Zu einer S0-Galaxie können sich Spiralen auch auf andere Weise entwickeln. Bei einm nahen Vorbeiflug einer anderen großen Galaxie an einer Spirale wird ein Großteil des Gases der Spiral-Galaxie herausgesaugt. Dadurch kommt die Sternentstehung zum Stillstand und die Spirale ändert ihre Morphologie zu einer S0.
Inwieweit sich die Spiralgalaxien innerhalb der Hubblesequenz von
einem Spiraltyp in einen anderen Entwickeln ist noch stark
umstritten. Ein schlußsiges, befriedigendes Modell für das Leben
einer typischen Spiralgalaxie konnte noch nicht aufgestellt werden.