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Die Sternwarte in Bogenhausen
Von der Positionsastronomie zur modernen Astrophysik
Eine seit 1805 auf dem Gelände des heutigen Münchener Ostbahnhofs
bestehende, für die Zwecke der Landesvermessung eingerichtete
Interimssternwarte wurde 1807 eine offizielle Anstalt der Bayerischen
Akademie der Wissenschaften.
Ein regelmäßiger astronomischer Beobachtungsbetrieb hat dort aber
nie stattgefunden.
In den Jahren 1816/17 kam es dann zu einem repräsentativen Neubau
östlich des damaligen Dorfes Bogenhausen.
Diese Sternwarte wurde 1827 dem neu gegründeten Generalkonservatorium
der wissenschaftlichen Sammlungen des Staates unterstellt.
Ab 1852 war das Amt des Konservators der Sternwarte in
Personalunion mit dem des Lehrstuhlinhabers für Astronomie an der
Ludwig-Maximilians-Universität München verbunden.
Im Rahmen der Neuordnung der wissenschaftlichen Sammlungen wurde die
Sternwarte schließlich am 18. März 1938 (rückwirkend zum 1. April
1937) an die Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität
München angegliedert und so zur Universitäts-Sternwarte.
Die Gründung
Obwohl in der Stiftungsurkunde der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
(1759)[1]
der Bau einer Sternwarte nicht ausdrücklich gefordert wurde, kam es in
der Folgezeit auf Privatinitiative von Akademiemitgliedern nacheinander
zur Gründung von zwei Observatorien am damaligen Stadtrand von München,
die aber aus Mangel an geeignetem Personal nie richtig ihren Betrieb
aufnahmen und nur eine begrenzte Zeit existent waren.
Das erste Observatorium wurde von Johann Georg Dominicus von Linprun
(1714–1787) in einem turmartigen Gebäude auf einer alten Bastion
(heutige Lage: Prinzregentenstraße, gegenüber Haus der
Kunst)[2]
eingerichtet (1760–1769/70) und das zweite von Peter von Osterwald
(1718–1778) in einem kleinen Schlösschen auf dem Gasteig (heutige
Lage: Münchener Kulturzentrum) untergebracht
(1773–1778).[3]
Die Situation änderte sich erst, als infolge der
politisch-militärischen Lage zu Beginn des 19. Jahrhunderts
unter der Leitung französischer Soldateningenieure die bayerische
Landesvermessung systematisiert
wurde.[4]
Die erforderlichen Grundlagen einer erfolgreichen Vermessungsarbeit
konnten aber nur auf der Basis astronomischer Ortsbestimmungen
geschaffen werden.
Daher wurde der Exbenediktiner und Astronom Ulrich Schiegg
(1752–1810)[5]
als Hofastronom nach München berufen, der dann im Januar des Jahres
1803 im Nordwestturm des ehemaligen Jesuitenkollegs in der Neuhauser
Straße – seit 1783 war hier die Bayerische Akademie der Wissenschaften
untergebracht – ein kleines Observatorium einrichtete.
Die Zusammenarbeit Schieggs mit den französischen Geodäten verlief
allerdings nicht immer problemlos und als Schiegg – berechtigterweise
– auf Unstimmigkeiten in deren Messungen aufmerksam machte, wurde
er auf Betreiben der Franzosen im März 1805 seines Amtes enthoben.
Zu seinem Nachfolger wurde der Astronom Karl Felix von Seyffer
(1762–1822)[6]
berufen, der beste Verbindungen zur französischen Heeresleitung hatte.
Seyffer erhielt nun von Kurfürst Max IV. Joseph (1756–1825,
reg. 1799 bzw. 1806–1825) den Auftrag zum Bau einer größeren
Sternwarte.
Er ließ daraufhin die Schieggschen Instrumente sofort in eine Holzhütte
auf dem hierfür vorgesehenen Platz zwischen den Dörfern Haidhausen
und Ramersdorf (heutige Lage: Ostbahnhof) transportieren, tat aber
dann nichts weiter, um die Sache voranzutreiben.
Erst als diese Behelfssternwarte 1807 ein Attribut
der umstrukturierten Akademie wurde, kam etwas Bewegung in die
Angelegenheit:
Es wurden bei der aufstrebenden feinmechanisch-optischen Werkstätte von
Utzschneider, Reichenbach und Liebherr in München mehrere astronomische
Instrumente bestellt, da die vorhandenen zwischenzeitlich veraltet
waren.
Auch die Erhebung Bayerns zum Königreich (1806) und das hierdurch
gesteigerte Repräsentationsbedürfnis wirkten sich zunächst positiv
auf den Fortgang der Dinge aus.
Nach der Lieferung der Instrumente (1811/12) stellte man dann
aber fest, dass diese in dem vorhandenen Provisorium nicht optimal
aufgestellt werden konnten.
Man freundete sich daher immer mehr mit dem Gedanken an, einen
steinernen Erweiterungs- oder Neubau, evtl. sogar an einem anderen
Platz, zu errichten.
Finanzierungsprobleme, aber auch die von seinen Zeitgenossen
angeprangerte astronomische Untätigkeit Seyffers, verzögerten
die Angelegenheit jedoch immer mehr.
Seyffer, dessen Interessen tatsächlich mehr auf vermessungstechnischem
Gebiet lagen, wurde schließlich 1813 von seinen astronomischen Aufgaben
dispensiert und Ende 1815 endgültig als Hofastronom entlassen.
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Die Kgl. Sternwarte zu Bogenhausen nach einer Lithographie
von C. Lebschée aus dem Jahre 1830.
Der etwas vorspringende mittlere Teil, der Meridiansaal, beherbergte
drei Passageinstrumente, darunter einen Reichenbachschen Meridiankreis.
In der östlichen Kuppel (rechts) befand sich ein Äquatorial,
die westliche (links) diente der Aufstellung transportabler
Instrumente.
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Wenig später, am 1. April 1816, wurde der Astronom Johann Georg
von Soldner (1776–1833) zu Seyffers Nachfolger ernannt.
Soldner war schon seit 1808 bei der Steuervermessungskommission in
München tätig, wo er die theoretischen Grundlagen der bayerischen
Landesvermessung geschaffen hatte.
Verglichen mit der langwierigen Vorgeschichte überstürzten sich nun
beinahe die Ereignisse:
Am 18. April 1816 reichte die Akademie Baupläne ein, die vermutlich
noch von Seyffer stammten, am 4. Juni 1816 erteilte König
Max I. Joseph den Auftrag zum Bau der neuen Sternwarte und schon
am 11. August 1816 erfolgte der erste Spatenstich auf einer kleinen
Anhöhe östlich des Dorfes
Bogenhausen.[7]
Man hatte sich schließlich doch noch für einen neuen Standort
entschieden.
Der Platz war nicht schlecht gewählt, da die Sicht fast überall bis zum
Horizont frei und die Verbindung zur Stadt noch relativ günstig war.
Ein Erlass sollte zudem jegliche störende Bebauung oder Bepflanzung
in der Umgebung der zukünftigen Sternwarte verhindern, was tatsächlich
viele Jahrzehnte wirksam war.
Unter der Leitung des Königlichen Hofbauinspektors Franz Thurn
(1763–1844) gingen die Arbeiten zügig voran und bereits am
15. November 1817 war der Rohbau fertig gestellt.
Innenausbau und Aufstellung der Instrumente nahmen dann allerdings
nochmals fast zwei Jahre in Anspruch.
Die im Grundriss hufeisenförmige Anlage mit dem damals üblichen
Meridiansaal im Zentrum und zwei seitlichen Beobachtungstürmen
beherbergte dann aber die besten Instrumente, die man seinerzeit
erwerben konnte.
Gekrönt wurde das Instrumentarium von einem Meridiankreis aus dem
Mathematisch-Mechanischen Institut von Reichenbach und Ertel.
Die Routinearbeit mit diesem Instrument begann im Dezember 1819.
Damit war das bestausgestattete Observatorium der Welt, die
Königliche Sternwarte zu Bogenhausen, in Betrieb gegangen.
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Der Meridiankreis von Reichenbach und Ertel nach einer Photographie,
die um 1900 entstand.
Er war bei seiner Lieferung 1819 einer der besten Meridiankreise
der Welt, da seine Kreisteilung mit Reichenbachs berühmter
Kreisteilmaschine vorgenommen worden war, die eine Verbesserung der
Deklinationsbestimmung von Sternen um einen Faktor 10 brachte.
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Die klassische Epoche
Soldner sah seine Hauptaufgabe an der neuen Sternwarte darin, durch
zahlreiche Messungen der Positionen von Sonne, Mond, Planeten und
Fundamentalsternen zur Sicherung der Grundlagen der Astronomie
beizutragen.
Doch schon bald wurde diese Routine für kurze Zeit unterbrochen,
als im März und April 1820 Joseph von Fraunhofer (1787–1826) mit
seinem im Westturm der Sternwarte aufgestellten neuen Apparat zu
Versuchen über die Natur des Lichtes der Fixsterne spektroskopische
Untersuchungen an Planeten und hellen Sternen fortsetzte, die er vor
einiger Zeit im Optischen Institut in Benediktbeuern begonnen hatte.
In diesen Spektren hatte er ähnliche dunkle Linien gefunden, wie er
sie schon in großer Zahl im Spektrum der Sonne entdeckt, genauestens
vermessen und 1817 publiziert hatte.
Soldner assistierte ihm bei seinen Experimenten in Bogenhausen, die
neben der mikrometrischen Positionsbestimmung vor allem der Linien im
Siriusspektrum auch Untersuchungen zur Frage einer unterschiedlichen
Brechbarkeit des Lichtes verschiedenfarbiger Sterne umfassten.
Somit wurde die Sternwarte in Bogenhausen zur ersten Sternwarte der
Welt, in der spektroskopische Beobachtungen der Gestirne vorgenommen
wurden.[8]
Der Schotte Johann von Lamont
(1805–1879),[9]
der 1835 Soldner im Amt des Sternwartdirektors nachfolgte, führte mit
seinem im gleichen Jahr gelieferten und in einem eigenen Gebäude auf
dem Gelände der Sternwarte untergebrachten neuen
Riesenfernrohr[10]
aus der ehemaligen Fraunhoferschen Werkstätte diese spektroskopischen
Untersuchungen fort.
Dazu plazierte er im Sommer 1836 ein kleines Prisma hinter das Okular
des Teleskops und war so in der Lage, bis zu 40-mal schwächere Sterne
zu spektroskopieren als es Fraunhofer mit seinem Apparat möglich
gewesen war.
Lamont inspizierte visuell die Spektren von mehr als zwei Dutzend
Sternen, machte sich Notizen zu ihrem Aussehen, vermaß teilweise die
Positionen starker Linien und hinterließ in seinem Beobachtungsbuch
der Nachwelt die ersten bildlichen Darstellungen von Sternspektren.
Leider erkannte er nicht, ebenso wenig wie Soldner, das Potential der
Sternspektroskopie und erahnte auch nicht die immensen physikalischen
Informationen, die in den Linien verborgen sind.
Erst ab ca. 1860 wurden dann spektroskopische Untersuchungsmethoden
ein hochaktuelles Forschungsmittel sowohl in der Astronomie als auch
in der Physik und Chemie und sind es bis heute geblieben.
Obwohl der Refraktor noch für die nächsten Jahre das beste Teleskop
der Welt blieb, stellte Lamont seine Arbeit hiermit nach kurzer
Zeit ein und beschränkte ab 1840 die astronomischen Tätigkeiten der
Sternwarte auf Positionsbestimmungen von schwachen Sternen mit dem
Reichenbachschen
Meridiankreis.[11]
Sein Hauptinteresse wandte sich der Erforschung des Erdmagnetismus
zu[12]
und er konnte auf diesem Gebiet durch seine praktischen und
theoretischen Arbeiten die Sternwarte zu Weltruhm führen.
Nach dem Aufbau eines eigenen erdmagnetischen Observatoriums auf dem
Gelände der
Sternwarte[13]
unternahm Lamont in den folgenden Jahrzehnten ausgedehnte
Messreisen[14]
in Bayern, Norddeutschland und dem europäischen Ausland, um dort
Richtung und Stärke des irdischen Magnetfeldes zu messen mit dem
Endziel, magnetische Gesetzmäßigkeiten aufzudecken und magnetische
Karten der bereisten Länder herzustellen.
Hierzu entwickelte er eigens einen magnetischen Reisetheodoliten,
von dem er im Laufe der Jahre in der sternwarteigenen Werkstätte
ca. 45 Exemplare bauen ließ und an interessierte Wissenschaftler
verkaufte.
Diese Spezialinstrumente aus Bogenhausen gelangten so auf
Expeditionen[15]
bis ins südliche Afrika, nach Australien und nach Zentralasien oder
wurden auch für den Observatoriumsbetrieb
eingesetzt.[16][17][18][19]
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Der 1835 aufgestellte Fraunhofersche Refraktor war seinerzeit mit
seinem Objektivdurchmesser von 28.5 cm und der Güte seiner
Optik für vier Jahre das beste Teleskop der Welt.
Der Auftrag zum Bau war Fraunhofer schon 1825 erteilt worden.
Er hatte noch vor seinem Tod 1826 die Montierung des Teleskops
konzipiert und den Glasblock geschmolzen, aus dem später sein
Nachfolger Georg Merz (1793–1870) das Objektiv schliff.
Die Aufnahme entstand um 1900.
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Der Nachfolger Lamonts, Hugo von Seeliger
(1849–1924),[20]
der die Sternwarte von 1882 bis zu seinem Tod leitete, legte wieder
den Arbeitsschwerpunkt auf die
Astronomie,[21]
ohne allerdings die geophysikalischen Aktivitäten völlig aus den
Augen zu verlieren.
Kurz vor der Jahrhundertwende 1900 wurde dann sogar auf Veranlassung
der Akademie, die die Tradition geophysikalischer Beobachtungen in
Bogenhausen fortsetzen wollte, ein neues erdmagnetisches Observatorium
errichtet, dem kurz darauf auch noch der Bau einer Erdbebenwarte
folgte.
Diese Einrichtungen erhielten 1922 die offizielle Bezeichnung
Erdphysikalische Warte bei der
Sternwarte.[22][23]
Mit seinen Arbeiten auf verschiedenen Gebieten der theoretischen
Astronomie (z. B. Stellarstatistik, Fehlertheorie, Himmelsmechanik)
wurde Seeliger zum bedeutendsten deutschen Astronom seiner Zeit.
Auch wenn praktisch alle seine Überlegungen (z. B. sein
mathematisch-analytisch fundiertes Modell für die Struktur und Größe
des galaktischen Sternsystems und seine
Novatheorie)[24]
schon kurz nach seinem Tod Astronomiegeschichte waren und modernen
Erkenntnissen nicht mehr standhielten, ist es doch sein Verdienst
gewesen, grundlegende Probleme erkannt und ihre Lösung angegangen
zu haben.
Dabei hat Seeliger das astronomische Weltbild seiner Zeit mitbestimmt
und die Sternwarte in Bogenhausen nun auch auf astronomischem Gebiet
weltweit bekannt gemacht.
Immer wieder kamen ausländische Gelehrte zu Besuch und, angezogen von
einem ungemein lebendigen und anregenden Lehrer, sorgte eine große
Zahl von Schülern für ein blühendes akademisches Leben.
Der genialste unter diesen war zweifelsohne Karl Schwarzschild
(1873–1916), der 1898 bei Seeliger promovierte und dem die moderne
Astrophysik einige heute noch gültige Einsichten verdankt.
Seeliger war es aber auch, der den neuen Entwicklungen der Physik
(z. B. Quantenphysik, Relativitätstheorie) reserviert gegenüberstand,
keine richtungsweisenden Neuerungen einführte und damit den Übergang
in eine relative Bedeutungslosigkeit der Sternwarte einleitete,
die für viele Jahrzehnte anhalten
sollte.[25][26][27][28][29]
Die Sternwartanlage um 1900:
Links das 1816/17 errichtete Hauptgebäude, rechts das Refraktorgebäude
aus dem Jahre 1835, das den Fraunhoferschen Refraktor beherbergt,
und dazwischen ein 1892 gebauter Verbindungsgang.
Etwa ab der Jahrhundertwende 1900 wurde die Sternwarte immer mehr
durch die expandierende Stadt München eingeschlossen.
Bei der Projektierung der Possartstraße berücksichtigte man
jedoch die Bedürfnisse der Astronomen und legte diese Straße in
der Verlängerung des Meridiansaales exakt in Nord-Süd-Richtung an,
um die Meridiankreismessungen nicht durch Häuser zu stören.
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Im Juli 1944 erlitt das Sternwartgebäude bei schweren Luftangriffen
erhebliche
Zerstörungen,[30]
deren Beseitigung sich bis 1954 hinzog.
Das Jahr 1949 brachte daneben einschneidende Änderungen:
Alle geophysikalischen Einrichtungen wurden von der Sternwarte
abgezogen und dem an der Ludwig-Maximilians-Universität 1948 neu
eingerichteten Lehrstuhl für angewandte Geophysik übertragen.
Gleichzeitig wurde das 1941 aus militärischen Gründen in den
bayerischen Alpen errichtete Sonnenobservatorium Wendelstein der
Sternwarte
angegliedert.[31][32][33][34][35][36]
Die moderne Zeit
Erst mit dem Amtsantritt von Peter Wellmann (1913–1999), der die
Sternwarte von 1961 bis 1982 leitete, kam der Umschwung:
Die Zeit der innerhalb oder im Einzugsbereich dicht bevölkerter
Städte betreibbaren, den modernen Problemstellungen gerecht werdenden
beobachtenden Astronomie war schon lange vorüber und es war klar
geworden, dass ein Schritt zum Anschluss an den mittlerweile vor
allem in den USA erreichten Standard astrophysikalischer Forschung
nur durch einen tiefgreifenden Einschnitt herbeizuführen war.
Da außerdem schon seit einiger Zeit Bestrebungen auf europäischer Ebene
im Gang waren, modernstes Beobachtungsinstrumentarium zur gemeinsamen
Nutzung in meteorologisch hervorragender Lage zur Verfügung zu stellen,
konnte sich Wellmann zunächst darauf beschränken, moderne Arbeits-
und Unterrichtsmöglichkeiten zu
schaffen.[37]
Im Mai 1964 wurde daher mit dem Abbruch des fast 150-jährigen,
von der Konzeption her diesen Anforderungen nicht mehr genügenden
Sternwartgebäudes begonnen und im Juni der Bau eines neuen
Institutsgebäudes an der historischen Stelle in Angriff
genommen.[38]
Nach über zweijähriger Bauzeit konnte im Oktober 1966 der Einzug
erfolgen und der Betrieb in dem mit einem Hörsaal, Seminarräumen,
modernen Arbeitszimmern und nicht zuletzt mit einer für damalige
Verhältnisse beeindruckenden Computeranlage versehenen Gebäude
aufgenommen werden.
Das neue Institut behielt aus historischen Gründen weiterhin den
Namen Universitäts-Sternwarte.[39]
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Das Hauptgebäude der alten Sternwarte wurde im Mai 1964 abgerissen
und in zweijähriger Bauzeit das neue, modernen Anforderungen genügende
Institutsgebäude an der gleichen Stelle errichtet.
Der Einzug erfolgte am 10. Oktober 1966.
Das neue Institut behielt aus historischen Gründen den Namen
Universitäts-Sternwarte.
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Im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses stand nun die
Astrophysik, vor allem mit Arbeiten zur Theorie und Berechnung des
Aufbaus von Sternatmosphären, in die die neuesten Erkenntnisse der
Strahlungstheorie, der Hydrodynamik und der Atomphysik einflossen.
Damit war die Nutzung stellarspektroskopischer Methoden, die ja die
Beobachtungsgrundlage solcher Forschungen bilden, an ihren Ursprungsort
nach Bogenhausen zurückgekehrt.
Daneben nahm die Untersuchung der physikalischen Eigenschaften
spezieller Typen von veränderlichen Sternen einen breiten Raum ein.
Auf instrumentellem Gebiet war man in der Entwicklung und dem Bau einer
ganzen Reihe von Messgeräten erfolgreich, die vor allem auch immer
wieder an der 1969 in Betrieb gegangenen Europäischen Südsternwarte
(ESO) auf La Silla/Chile zum Einsatz kamen.
Dies geschah im Rahmen der häufigen Forschungsaufenthalte von
Mitarbeitern der Sternwarte an diesem Observatorium, das sich rasch
zum besten optischen Observatorium der Welt entwickelte.
Die Art und Weise der astronomischen Forschung in Bogenhausen hatte
sich damit grundlegend geändert:
Datengewinnung sowie Reduktion und Interpretation der Messergebnisse
vollzogen sich nun nicht mehr am gleichen Ort.
Die Beobachtungen wurden und werden vor allem an weit entfernten
Observatorien – oder auch mit Satellitenteleskopen – angestellt,
ihre Durchführung muss lange im Voraus detailliert geplant werden
und ihre Realisierung hängt von internationalen Gremien ab, die
die Beobachtungsanträge bewerten und die Messzeiten an den meist
überbuchten Teleskopen vergeben.
Im Heimatinstitut werden dann die Beobachtungsergebnisse aufgearbeitet,
interpretiert und in internationalen Fachzeitschriften
publiziert.[40]
Die Europäische Südsternwarte (ESO) auf dem Cerro La Silla, einem
2400 m hohen Berg in den südlichen Ausläufern der Atacama-Wüste,
ca. 160 km nördlich von La Serena/Chile.
Die Sternwarte ging 1969 in Betrieb und entwickelte sich rasch zum
besten optischen Observatorium der Welt.
In seiner Glanzzeit waren 16 Teleskope im Einsatz.
La Silla wurde ab den 1970er Jahren zum Hausobservatorium
für die Mitarbeiter der Sternwarte in Bogenhausen.
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Der Aufschwung der Sternwarte setzte sich in den folgenden Jahrzehnten
stetig fort und heute hat sie mit ihren Aktivitäten längst einen
Platz in der Weltspitze erreicht.
Neben den auf hohem Niveau etablierten und erweiterten
stellarastrophysikalischen Untersuchungen (z. B. Sternwinde,
chemische Entwicklung der Galaxis) werden auch Fragen nach der
großräumigen Struktur des Universums, der Entstehung, Entwicklung
und Wechselwirkung von Galaxien sowie nach deren physikalischen
Eigenschaften erfolgreich angegangen.
Dies impliziert die Erforschung galaktischer Schwarzer Löcher und
das Aufspüren der Dunklen Materie u. a. auch mit der Methodik der
Gravitationslinsen.
Da die numerische Simulation zur Beschreibung komplexer physikalischer
Phänomene im Universum mit Hilfe von Höchstleistungsrechnern immer mehr
zu einem unverzichtbaren Hilfsmittel der Forschung geworden ist, hat
sich auch die Sternwarte auf diesem Gebiet mit Simulationen z. B. zur
Entstehung und Entwicklung von Galaxien, der Bildung und Dynamik von
Molekülwolken und der Entstehung von Sternen und Planeten etabliert.
Daneben werden spezielle Strahlungsphänomene untersucht, die ihre
Ursache in der Wechselwirkung kosmischer Plasmen mit elektrischen
und magnetischen Feldern haben.
Dabei spannt sich der Bogen der untersuchten Prozesse von der Physik
der Polarlichter und Sonneneruptionen über bisher noch unverstandene
Strahlungsausbrüche im Zusammenhang mit Schwarzen Löchern und Pulsaren
bis zur Frage des Ursprungs kosmischer Magnetfelder.
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Die vier 8.2-m-Teleskope des VLT auf dem 2635 m hohen Cerro Paranal
in der chilenischen Atacama-Wüste, ca. 130 km südlich von Antofagasta.
Links hinten, am Rande des Gipfelplateaus, erkennt man das Dach
des Kontrollgebäudes, von dem aus alle Teleskope gesteuert und die
Beobachtungen durchgeführt werden.
Rechts daneben befinden sich die Teleskope Nr. 1 und 2, an denen
u. a. die beiden von der Sternwarte maßgeblich mitentwickelten
FORS-Instrumente arbeiten.
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Das FORS2-Instrument (gelb) im Cassegrain-Fokus von VLT-Teleskop Nr. 2,
das für Testzwecke fast horizontal geneigt ist.
Trotz seiner mächtigen Dimensionen
(Höhe: 3 m, Durchmesser: 1.6 m (ohne die vier daran befestigten grauen
Elektronikschränke), Gewicht: 2.5 Tonnen) verschwindet das Instrument
beinahe unterhalb der Trägerkonstruktion des Teleskophauptspiegels,
der einem Durchmesser von 8.2 m aufweist.
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Im Bereich des astronomischen Instrumentenbaus wurden ab 1990 neue
Wege eingeschlagen.
Die immer komplexer werdende Instrumentierung von Großteleskopen
erforderte zunehmend die Synergie des wissenschaftlichen und
technischen Know-hows mehrerer Institute sowie eine enge Zusammenarbeit
mit der Industrie, um derartige Instrumente, geleitet von den
wissenschaftlichen Fragestellungen, erfolgreich zu konzipieren,
zu bauen und zum Einsatz zu bringen.
Darüber hinaus machen solche Projekte die Einwerbung von
Drittmitteln (im Wesentlichen über das Verbundforschungsprogramm des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung) jeweils in Millionenhöhe
erforderlich, um zusätzliches Personal und Sachkosten finanzieren
zu können.
Aufgrund ihres erworbenen Renommees war und ist die Sternwarte
bei der Einwerbung entsprechender Mittel sehr erfolgreich und als
gefragter Partner und wesentlicher Funktionsträger in nationalen
und internationalen Konsortien seit 20 Jahren ununterbrochen in
instrumentellen Großprojekten eingebunden.
In enger Zusammenarbeit mit nationalen Einrichtungen, aber vor allem
auch mit Instituten in Großbritannien, den Niederlanden, Italien,
den USA und China entstanden und entstehen so immer wieder innovative
Instrumente, die an den großen Teleskopen der Erde zum Einsatz kommen
und die Voraussetzungen zur Gewinnung neuer Erkenntnisse schaffen.
Als Beispiele seien hier die beiden Kombi-Instrumente FORS1 und FORS2
(direkte Aufnahmen, multiple simultane Spektroskopie, Polarimetrie)
genannt, die für das Very Large Telescope (VLT) der ESO auf
Paranal/Chile gebaut wurden und dort seit Ende der 1990er Jahre die
Hauptlast der Beobachtungen tragen.
Noch heute erscheinen wöchentlich drei wissenschaftliche Artikel
in Fachzeitschriften, deren Grundlage Daten sind, die mit den
FORS-Instrumenten gewonnen
wurden.[41][42]
Der derzeit im Bau befindliche Infrarotspektrograph KMOS wird
voraussichtlich 2011 als ein Instrument der 2. Generation am VLT in
Betrieb gehen und räumlich aufgelöste spektroskopische Information
(196 Spektren pro Objekt) gleichzeitig von jeweils bis zu 24 weit
entfernten, nur als Lichtflecke wahrnehmbaren Galaxien liefern.
Damit wird KMOS neue Einsichten in die Prozesse der Entstehung und
Entwicklung von Galaxien
ermöglichen.[43]
Schließlich wird die Sternwarte maßgeblich am Bau der Kamera MICADO
für das in Planung befindliche E-ELT (European Extremely Large
Telescope) beteiligt sein, die ab 2021 mit diesem wirklichen
Riesenteleskop von 39 m Spiegeldurchmesser den Blick zurück
bis zur Entstehung der ersten Sterne und Galaxien erlauben
wird.[44]
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Auf diesem Bild der VLT-Anlage erkennt man zwischen den Kuppeln
Nr. 3 und 4 das etwas kleinere, dunklere Schutzgebäude des 2.6-m-VLT
Survey Teleskope, für das die Sternwarte in Zusammenarbeit
mit deutschen, niederländischen und italienischen Instituten eine
der größten jemals gebauten CCD-Kameras geliefert hat.
Mit dieser Kamera werden großflächige Himmelsdurchmusterungen
durchgeführt und die interessierenden Objekte anschließend mit den
Instrumenten des VLT näher untersucht.
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Modell des E-ELT (European Extremely Large Telescope), das mit seinem
Spiegeldurchmesser von 39 m es u. a. erstmals erlauben wird, die
Bildung der primordialen Sterne und Galaxien zu visualisieren.
Teleskope sind ja wegen der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit
Zeitmaschinen, die es erlauben, in die Vergangenheit unseres Universums
zu blicken und diese zu erforschen.
Die Sternwarte hat, eingebettet in ein internationales Konsortium,
Ende 2007 den Zuschlag für eine Designstudie der ersten Kamera (MICADO)
erhalten, die zusammen mit diesem wirklich gigantischen Teleskop 2021
in Chile in Betrieb gehen soll.
Das Teleskop wird 5500 Tonnen wiegen und mit seinen Dimensionen
(Höhe: 64 m, Breite: 77 m) in einem Schutzgebäude untergebracht
werden, das die Ausmaße des Langhauses der Münchener Frauenkirche
weit übersteigen wird.
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Daneben betreibt die Sternwarte selbst ein Observatorium auf dem
1838 m hohen Wendelstein, ca. 75 km südöstlich von München.
Die ursprünglich dort über einige Jahrzehnte im Rahmen
eines internationalen Netzwerkes von Sonnenobservatorien
vorgenommenen Korona- und Protuberanzenbeobachtungen sowie die
Sonnenfleckenüberwachung wurden Mitte der 1980er Jahre eingestellt
und der Übergang zur Nachtastronomie
eingeleitet.[45]
Von 1989 bis 2007 war auf dem Gipfel ein
0.8-m-Teleskop[46]
in Betrieb, mit dem unter Nutzung eigens gebauter Instrumente
ambitionierte stellarphotometrische Beobachtungsprogramme (teilweise
auch simultan mit Satellitenmessungen oder spektroskopischen
Beobachtungen an internationalen Großteleskopen) sowie
Pixellensing-Experimente in Richtung Andromeda-Galaxie zur Detektion
makroskopischer Dunkler Materie erfolgreich durchgeführt wurden.
Schon vor längerer Zeit kristallisierte sich jedoch der Wunsch nach
einem moderneren und auch größeren Teleskop der 2-m-Klasse heraus,
mit dem derartige Programme noch effizienter realisiert werden könnten.
Mit 130 klaren Nächten pro Jahr, meist guten Transmissionseigenschaften
der Atmosphäre und einer mit dem Paranal/Chile vergleichbaren
Qualität des sogenannten Seeings ist der Wendelstein durchaus ein
guter Standort für ein solch technisch innovatives Teleskop, das
immerhin Investitionen in Höhe von acht Millionen Euro erfordert.
Im Dezember 2006 waren die Bemühungen der Sternwarte erfolgreich und das
Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gab
grünes Licht für das Projekt, dessen Umsetzung bis zum Jahr 2011 dauern
wird.[47]
Ein weiteres Beobachtungsstandbein hat sich die Sternwarte schon vor
einiger Zeit in den USA geschaffen:
Sie ist dort Mitbetreiber des 9-m-Hobby-Eberly-Teleskops geworden,
das am McDonald Observatory in West-Texas aufgestellt wurde.
Es ging 1998 in Betrieb und dient fast ausschließlich spektroskopischen
Untersuchungen.
Einer der hierfür erforderlichen Spektrographen wurde in Zusammenarbeit
mit einigen am Teleskopprojekt beteiligten amerikanischen Partnern
konzipiert und in Bogenhausen
gebaut.[48]
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Das Observatorium auf dem Wendelstein gehört als Außenstelle seit
1949 zur Sternwarte. Ursprünglich ein 1941 aus militärischen
Überlegungen heraus entstandenes Sonnenobservatorium, wurde es
umgerüstet seit 1989 nur noch zur Nachtastronomie eingesetzt.
Derzeit sind im Zusammenhang mit der Errichtung eines 2-m-Teleskops
größere Umbaumaßnahmen im Gange. Das dann beste Teleskop Deutschlands,
das auch vom Münchener Institut aus im Robotik-Modus betrieben werden
kann, wird voraussichtlich 2011 in Dienst gestellt werden.
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Zusammen mit ihren astronomischen Nachbarn, den
Max-Planck-Instituten für Astrophysik und Extraterrestrische
Physik sowie dem Verwaltungszentrum der Europäischen Südsternwarte
auf dem Hochschulgelände in Garching im Norden Münchens, deckt die
Sternwarte in Bogenhausen fast das gesamte Spektrum astrophysikalischer
Grundlagenforschung ab. Mit ihren insgesamt fast 1000 Mitarbeitern
stellen diese Institute das größte Astronomiezentrum in Deutschland
dar und eines der größten und aktivsten weltweit. Die gegenseitigen
Beziehungen wurden über die vergangenen Jahrzehnte hinweg immer
enger gestaltet, sodass die Institute heute in vielen gemeinsamen
wissenschaftlichen und technischen Projekten verzahnt sind. Die sich
ständig erhöhende Anziehungskraft der Sternwarte blieb auch nicht
ohne Auswirkungen auf die Studenten, die immer stärker die gebotenen
vielfältigen Möglichkeiten nutzten. So wählt teilweise mehr als ein
Drittel aller Physikstudenten an der Ludwig-Maximilians-Universität
Astronomie als Nebenfach in der Diplomprüfung und gleichzeitig
wächst ständig die Zahl der Studenten, die ein theoretisches oder
experimentelles Problem aus der modernen Astrophysik zum Thema ihrer
Diplom- oder Doktorarbeit machen. Trotzdem wurden auch hier zusätzlich
neue Wege beschritten. Initiiert durch die Max-Planck-Gesellschaft
schlossen sich im Jahre 2000 die oben erwähnten Institute zur
International Max Planck Research School on Astrophysics at the
Ludwig-Maximilians-University Munich (IMPRS) zusammen mit dem Ziel,
hochqualifizierte und motivierte Studenten aus aller Welt von den
Vorzügen des astronomischen Wissens-Pools in München profitieren
zu lassen und, betreut durch spezielle Kurse und Veranstaltungen,
zur Promotion zu führen. Die Gründung der Schule erwies sich sofort
als voller Erfolg: Derzeit arbeiten insgesamt 70 Studenten in den
verschiedenen Teilnehmerinstituten an ihren Dissertationen. Dabei ist
der Andrang so groß, dass nur ca. 20% der meist aus dem Ausland
stammenden Interessenten berücksichtigt werden können.
Der Krebsnebel (Entfernung: 6000 Lichtjahre) ist das Resultat einer
Supernovaexplosion, die im Jahre 1054 in unserer Galaxis stattfand. In
seinem Zentrum befindet sich der Überrest des explodierten Sterns,
ein Neutronenstern von nur wenigen Kilometern Durchmesser. Die
ausgestoßenen Gasmassen rasen immer noch mit einer Geschwindigkeit
von über 4 Millionen km/h in den Raum. Die elektronische
Aufnahme wurde vom FORS-Team im November 1999 für Testzwecke mit
FORS2 an VLT-Teleskop Nr. 2 angefertigt.
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Diese elektronische Aufnahme (FORS Deep Field) zeigt einen
der tiefsten Blicke an die Grenzen des uns gegenwärtig durch
Beobachtung zugänglichen Universums, der jemals vom Erdboden aus
gemacht wurde. Sie ist das Ergebnis einer Gesamtintegrationszeit
von mehr als 20 Stunden und zeigt einen Himmelsausschnitt,
der nur ca. 7% der Vollmondfläche entspricht. Rund 10 000
meist weit entfernte Galaxien der unterschiedlichsten Typen und
Formen sind darauf zu identifizieren. Ihr Licht war teilweise mehr
als 10 Milliarden Jahre unterwegs, entstand also lange vor der
Bildung unseres Sonnensystems, bevor es im Herbst 1999 von FORS1 an
VLT-Teleskop Nr. 1 registriert wurde.
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Im Rahmen der 2005 gestarteten ersten Runde der Exzellenzinitiative
des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung
an deutschen Hochschulen war die Sternwarte in führender Rolle bei der
erfolgreichen Antragstellung und der anschließenden Realisierung des
Exzellenzclusters für Grundlagenphysik Ursprung und Struktur des
Universums beteiligt. In diesem wissenschaftlichen Zusammenschluss
versuchen Astrophysiker gemeinsam mit Kern- und Teilchenphysikern
Antworten auf einige der wichtigsten ungelösten Fragen der modernen
Naturwissenschaft zu finden, die die kleinsten mit den größten
Skalen im Kosmos verbinden: Die innerste Struktur von Materie,
Raum und Zeit, Entstehung und Natur der vier Fundamentalkräfte sowie
Struktur, Geometrie und Elementanreicherung im Universum. In diesem
Zusammenhang werden unter anderem die Vorstellungen von Dunkler
Materie, Dunkler Energie, Supersymmetrie und Quantengravitation
auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und es wird versucht, neue
gesetzmäßige Zusammenhänge aufzudecken. Die Arbeit im Cluster wird
zunächst bis 2011 jährlich mit 6.5 Millionen Euro gefördert und
ist für die Sternwarte auch mit einer ansehnlichen Aufstockung
ihres Personals verbunden. Sie hat mit ihrem Engagement und ihrem
Renommee also durchaus auch dazu beigetragen, dass im Rahmen der
Exzellenzinitiative der Ludwig-Maximilians-Universität das Prädikat
Elite-Universität verliehen wurde.
Die Sternwarte in Bogenhausen beweist so seit vielen Jahren, dass
sie in der Lage und auch bereit ist, die Herausforderungen moderner
Astrophysik anzunehmen und einen wichtigen Part im gemeinsamen
internationalen Bemühen bei der Erforschung der Entstehung, des
Aufbaus und der Entwicklung unseres Kosmos zu spielen.
Dr. Reinhold Häfner, Universitäts-Sternwarte München, Januar 2009.
Zusätzliche Bilder und ergänzender Text: April 2019.
Literatur:
Haupttext:
W. Bachmann:
Die Attribute der Bayerischen Akademie der
Wissenschaften 1807–1827.
Münchener Historische Studien, Abteilung Bayerische Geschichte, Band 8,
Kallmünz (1966)
R. Häfner, R. Riekher:
Die Pioniere der Sternspektroskopie. Die stellarspektroskopischen
Untersuchungen von Fraunhofer (1816–1820) und Lamont (1836).
In: Acta Historica Astronomiae Vol. 18, 137–165 (2003)
R. Häfner:
Die Universitäts-Sternwarte München im Wandel ihrer Geschichte.
München (2003)
R. Häfner, H. Soffel (Hg.):
Johann von Lamont 1805–1879, Leben und Werk.
München (2006)
F. Litten:
Astronomie in Bayern 1914–1945.
Stuttgart (1992)
Ergänzender Text:
R. Häfner:
200 Jahre Sternwarte in Bogenhausen 1816–2016.
501 Seiten, München (2016)
R. Heydenreuter:
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften.
Dokumente und Erläuterungen zur Verfassungsgeschichte.
640 Seiten, Regensburg (2011)
H. Soffel:
History of the Munich–Maisach–Fürstenfeldbruck Geomagnetic Observatory.
In: History of Geo- and Space Sciences 6, 65–86 (2015)
P. Winkler:
Quellen-Sammlung zur Geschichte des Observatoriums Hohenpeißenberg
überwiegend vom 18. und 19. Jahrhundert.
290 Seiten, Weilheim (2010)
Bildquellen:
Universitäts-Sternwarte München: Nr. 1–5, 11, 13
Europäische Südsternwarte: Nr. 6–10, 12, 14
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