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Universitäts-Sternwarte München


Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität

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Geschichte der Sternwarte

Wellmann – Neues Institutsgebäude

Die Ausbauarbeiten waren relativ zügig vorangekommen und Ende des Jahres 1965 waren Dach, Fassade und ein großer Teil des Innenverputzes und der Installation fertiggestellt. Im Laufe des Jahres 1966 wurden dann die restlichen Teile der alten Sternwartanlage abgetragen und am 10. Oktober konnte schließlich der Umzug in das neue Institut stattfinden, das mit einer Gesamtfläche der nutzbaren Räumlichkeiten von etwa 6000 m2 für die damaligen Verhältnisse großzügig dimensioniert war. Auch eine Beobachtungshütte für den Väisälä-Spiegel wurde fertiggestellt und das Instrument dort betriebsfähig gemacht. Jedoch erst 1967 konnte der Ausbau des Institutsgebäudes abgeschlossen, umfangreiche Anschaffungen elektronischer und optischer Geräte getätigt und Laboreinrichtungen sowie Lehrmittel beschafft werden. Nachdem im gleichen Jahre auch die Außenanlagen vollendet wurden, hatte die neue Universitäts-Sternwarte ihr heutiges Aussehen erhalten. Die Gerätschaften der alten Sternwarte waren vor dem Abriss ausgelagert worden. Während die großen Instrumente des Meridiansaales zerlegt und in einem Nebenraum des Refraktorgebäudes gelagert wurden, verwahrte man die kleineren in einem Kellerraum des neuen Institutsgebäudes. Auch die wertvollen Präzisionspendeluhren kamen dort in einem eigenen Uhrenraum unter, wo sie weiterhin gepflegt und in Gang gehalten wurden.

[Südseite des neuen Institutsgebäudes][Kunstobjekt im Atrium]

Die Bilder zeigen die Südseite des neuen Institutsgebäudes und das Atrium. Der Haupteingang zum Gebäude befindet sich im Schattenbereich rechts an der Ostseite. Dort erreicht man über eine Treppe ein Atrium, das im Rahmen von Kunst am Bau mit einem Gebilde ausgestattet wurde, das in seiner Gestalt entfernt an die Marsmonde Deimos oder Phobos erinnert. Es ist allerdings nicht bekannt, ob sich der Künstler bei der Schaffung des Werkes tatsächlich davon inspirieren ließ.

[Direktoren-Bungalow]

Der Direktoren-Bungalow wurde in der Nordwest-Ecke des Sternwartgeländes errichtet und kann über den Park und den Haupteingang in der Laplacestraße erreicht werden. Nach Wellmanns Emeritierung war er die meiste Zeit an andere Universitätsangehörige vermietet. Seit 2007 beherbergt er die Softwareentwickler der Instrumentenabteilung und das ehemalige Wohnzimmer wurde zu einem Seminarraum umfunktioniert.

[Refraktorgebäude][Behausung für den Vertikalkreis]

Refraktorgebäude und Behausung für den Vertikalkreis wurden renoviert, blieben aber ansonsten unverändert.

Das neue Institut bot nun mit seinen modernen Arbeitszimmern, einem Hörsaal, Seminarräumen, mehreren Elektroniklabors, einem Chemielabor, drei Photolaboren, einer großzügigen Feinmechanik- und einer Tischlerwerkstatt die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Neustart der Astronomie in München. Auch an eine Hausmeisterwohnung im Souterrain mit Blick auf das Refraktorgebäude war gedacht worden, um permanent Personal vor Ort zu haben. Schon zwischen 1961 und 1963 hatte Wellmann diverse Geräte von Zeiss/Jena beschafft, die seiner Meinung nach zur Grundausstattung eines modernen Instituts gehörten. Darunter waren neben einem Schnellphotometer ein Abbe-Komparator, ein Blinkkomparator und ein Koordinatenmessgerät. Der Anschaffungspreis dieser Geräte belief sich auf knapp 90 000 DM. Da im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses den Neigungen Wellmanns entsprechend nun die Astrophysik, vor allem mit Arbeiten zur Theorie der Sternatmosphären und Modellatmosphärenrechnungen stand, mussten neben den hierfür erforderlichen, bereits erworbenen Messgeräten auch die rechenspezifischen Möglichkeiten bereitgestellt werden. Finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft war daher schon am 30. Juli 1965 mit der Eurocomp RPC 4000, einer transistorbasierten Maschine der Firma Librascope (Kalifornien), für knapp 90 000 USD eine für die damaligen Verhältnisse beeindruckende Rechenanlage angeschafft worden, die ihren Betrieb am 1. September des gleichen Jahres noch in der alten Sternwarte aufnahm und deren Speicherkapazität im November 1966 um zwei Magnetbandeinheiten erweitert worden war.

[Mittermeier und Well in der neuen Feinmechanik-Werkstatt]

Die Feinmechaniker Franz Mittermeier (links) und Peter Well (rechts) in einem Teilbereich der neuen Feinmechanik-Werkstatt mit drei Drehmaschinen unterschiedlicher Dimension und einer Universal-Fräsmaschine im Hintergrund rechts.

[Bibliotheksraum][Bibliotheksraum]

Der beinahe 30 000 Bände umfassende Buchbestand konnten erstmals wieder nach langer Zeit zu einem großen Teil in einem eigenen Bibliotheksraum mit Zeitschriftenwand untergebracht werden. In einem Kellerabteil fanden ältere Bücher, Zeitschriften und Publikationen in den noch aus Seeligers Epoche stammenden Regalen eine Bleibe.

[Rechenanlage Eurocomp RPC 4000][Rechenanlage Eurocomp RPC 4000]

Zu den wichtigsten Arbeitsgeräten zu Beginn der neuen Zeit zählten der elektronische Rechner Eurocomp RPC 4000 und das Zeiss-Schnellphotometer. Die Aufnahme des Rechners stammt zwar aus einem zeitgenössischen Prospekt, gibt aber recht genau die an der Sternwarte benutzte Anlage wieder. Links befindet sich die Lochstreifenein- und -ausgabe, rechts der eigentliche Rechner mit Trommelspeicher und in der Mitte eine Schreibmaschine, die auch als Drucker diente. Die Anlage wurde später noch mit zwei Magnetbandgeräten ausgestattet.

[Zeiss-Schnellphotometer][Zeiss-Schnellphotometer]

Das Schnellphotometer erlaubte mittels einer Photozelle und einiger Zusatzeinrichtungen die Registrierung photographischer Sternspektren in relativen Intensitäten, so wie sie für Modellatmosphärenanalysen erforderlich waren. Das Gerät wurde Mitte der 1970er Jahre mit Schrittmotor und Photomultiplier aufgerüstet und die digitalisierten Daten zur weiteren Verarbeitung mit dem Rechner über eine Lochstreifenstanzeinheit ausgegeben.

[Abbe-Komparator]

Der Abbe-Komparator wurde zur Distanzmessung von z. B. Absorptions- oder Emissionslinien in einem photographischen Spektrum mittels eines hochpräzisen Maßstabs benutzt. Den handelsüblichen Komparator ergänzte man dann 1968 mit einem Heidenhain-Maßstab und einer neuartigen Abtastvorrichtung. Beim Messvorgang wurde das Spektrum durchleuchtet, über einen rotierenden Glaswürfel Bild und Spiegelbild einer Linie erzeugt und auf einem Oszilloskop manuell zur Deckung gebracht. Damit konnte die Messgenauigkeit um einen Faktor fünf gesteigert werden bei gleichzeitiger Verringerung der Messzeit auf ein Achtel. Später wurde der Messprozess durch die Anbindung eines Micro Computer Systems von Radio Shack (rechts vom Komparator) noch weiter automatisiert. Die Anlage erlaubte dann eine noch schnellere Bestimmung der Radialgeschwindigkeit von Sternen, d. h. ihrer Geschwindigkeitskomponente in Sehrichtung.

[Blinkkomparator]

Der Blinkkomparator diente zum Vergleich zweier Photoplatten eines Himmelsareals, um darauf Objekte erkennbar zu machen, deren Helligkeit (veränderliche Sterne) oder Position (Asteroiden, Kometen) sich in der Zeit zwischen den beiden Aufnahmen verändert haben.

[Koordinatenmessgerät]

Mit dem Koordinatenmessgerät konnte man im Rahmen der photographischen Astrometrie in einem rechtwinkligen Koordinatensystem relativ zu bekannten Anhaltsternen die Positionen von Sternen, Planeten oder Kometen mit hoher Präzision bestimmen. Es wurde auch im Zusammenhang mit Schmeidlers Sonnenfinsternis-Aktivitäten eingesetzt.

[Väisälä-Schmidt-Spiegel][Väisälä-Schmidt-Spiegel][Väisälä-Schmidt-Spiegel]

Der 37-cm-Väisälä-Schmidt-Spiegel erhielt 1965 eine eigene Behausung mit verschiebbarem Dach südlich des Refraktorgebäudes und wurde über viele Jahre im Wesentlichen zur Ausbildung von Studenten genutzt. Gelegentlich setzte man das Instrument aber auch zur spektroskopischen Beobachtung aktueller astronomischer Ereignisse ein (z. B. Nova Cygni 1975).

[Fraunhofer-Refraktor]

Der Fraunhofer-Refraktor wurde 1970 nochmals generalüberholt, erhielt einen neuen elektrischen Antrieb und war daher gut gerüstet für Tests bei Konzeption und Bau von Photometern, mit denen dann an auswärtigen Observatorien Beobachtungsdaten gewonnen wurden.

[Coelostat-Anlage][Coelostat-Anlage]

Schon vor dem Institutsneubau war die Konstruktion eines Coelostaten geplant und daher im Keller ein Raum zur Aufstellung des hierfür benötigten Spektrographen hoher Dispersion vorgesehen worden. Dabei stammten die meisten der benutzten Spiegel offenbar noch aus der Strebelschen Sternwarte in Herrsching. Der hier abgebildete Teil des Coelostaten mit einem Planspiegeldurchmesser von 60 cm folgte automatisch dem Lauf der Sonne und leitete deren Licht auf einen weiteren, ortsfesten Spiegel, der es hinwiederum durch die mit einem Spezialglas versehene runde Öffnung in den Kellerflur reflektierte. Dort traf es auf einen Teleskopspiegel mit einem Durchmesser von 40 cm und einer Brennweite von 17 m, der es auf den Spektrographenspalt fokussierte. Insgesamt standen dann vier Kameras zur photographischen Aufzeichnung der von einem Bausch & Lomb-Gitter erzeugten Spektren zur Verfügung. Die Coelostat-Anlage ging 1975 in Betrieb und wurde etwa zwanzig Jahre lang vor allem im Fortgeschrittenen-Praktikum genutzt.

Bildquellen:

Nr. 1–8, 11–21: USM
Nr. 9, 10: WWW

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