Sterne und Weltraum SPECIAL Nr. 2: Schöpfung ohne Ende - Die Geburt des Kosmos - November 1997

Galaxien in der Tiefe der Zeit - Von Ralf Bender, Ulrich Hopp und Roberto P. Saglia

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Die Galaxie M 33 im Sternbild Dreieck (Amateuraufnahme von Gerald Rhemann, oben) bringt in leuchtenden Gasnebeln ständig neue Sterne hervor, wie die gestochen scharfe Detailaufnahme - oben markiert - des Hubble-Weltraumteleskops (unten, NASA) zeigt.

haben können: balkenartige Gebilde in den zentralen Regionen. Man spricht daher von Balkenspiralen (Schema Seite 13 oben). Auch diese Erscheinung ist ein Dichtewellenphänomen.

Neben den verschiedenen Spiralgalaxien sieht man im Fornax-Haufen noch zwei weitere helle Galaxienarten: linsenförmige S0-Galaxien und elliptische Galaxien. Auf den ersten Blick sind elliptische und S0-Galaxien relativ langweilige Gebilde. Während die Spiralen von bläulich leuchtenden Ansammlungen junger Sterne durchzogen sind, schimmern die S0- und die elliptischen Galaxien gleichmäßig rötlich. Sie enthalten bedeutend weniger interstellare Materie, in ihnen ist die Sternentstehung schon vor mehreren Milliarden Jahren zum Erliegen gekommen. Von diesem Punkt abgesehen, ähneln S0-Galaxien aber den Spiralen. Auch sie haben Sternscheiben und zentrale Bulges ähnlicher Größe und Leuchtkraft wie die Spiralgalaxien.

Begegnungen lassen Galaxien altern

Wahrscheinlich gibt es einen ganz engen Zusammenhang zwischen den S0-Galaxien und den Spiralen: Noch enthält der interstellare Raum in Galaxien wie unsere Milchstraße genug Materie, um für lange Zeit neue Sterne hervorbringen zu können. Zudem geben viele der jetzt existierenden Sterne beständig Gas an ihre Umwelt ab. Aber Berechnungen der Astrophysiker lassen vermuten, daß viele Spiralgalaxien in einigen Milliarden Jahren ihr gesamtes Gas durch Sternentstehung verbraucht haben werden. Dann werden sie sich in S0-Galaxien verwandelt haben.

Heute findet man S0-Galaxien, ebenso wie elliptische Galaxien, hauptsächlich in Galaxienhaufen, wo die Welteninseln enger beieinander stehen. Die neuere Forschung interpretiert dies dahingehend, daß viele heutige S0-Galaxien einst Spiralen waren, deren Entwicklung durch nahe Vorbeigänge anderer Galaxien (Bild Seite 14 oben) beschleunigt wurde.

Dies funktioniert wie folgt: Fliegen zwei Galaxien aneinander vorbei, dann bringen die damit verbundenen Gezeitenkräfte das interstellare Gas in Unordnung. Dies kann einerseits zu einer dramatisch erhöhten Sternentstehungsrate führen, andererseits Gas aus den Galaxien herausziehen. Beides hat zur Folge, daß die beteiligten Galaxien früher als bei einer ungestörten Entwicklung aufhören, Sterne zu bilden.

Da elliptische Galaxien in ihrem Aussehen den zentralen Bulges von Spiralgalaxien sehr ähnlich sind, betrachtete man sie über viele Jahrzehnte als scheibenlose und etwas zu groß geratene Brüder der Bulges. Diese Vorstellung mußte in den letzten beiden Jahrzehnten revidiert werden.

Wie unsere eigenen Forschungsergebnisse gezeigt haben, sind elliptische Galaxien erheblich komplexer als bis dahin angenommen. Ein Teil der elliptischen Galaxien enthält, ebenso wie die Spiral- und S0-Galaxien, Scheiben aus Sternen, die allerdings erst mit neuen Mitteln der Beobachtungstechnik Ende der 80er Jahre nachgewiesen werden konnten (Kasten auf Seite 16). Was das Verhältnis von Bulge- zu Scheibengröße angeht, gibt es vermutlich einen kontinuierlichen Übergang


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