KMOS. Warum? Was? Wer? Wie?

Wissenschaftliche Zielsetzung

Fortschritte in der beobachtenden Kosmologie basieren auf immer mehr und immer besseren Daten, die mit Hilfe immer ausgefeilterer Teleskope und Beobachtungsinstrumente gewonnen werden. KMOS ist eines der ersten Instrumente einer neuen Generation, das insbesondere völlig neue Einsichten in die Enstehung und Entwicklung von Galaxien liefern wird.

Dank bereits vorhandener oder aber in Kürze verfügbarer Möglichkeiten von speziell für die Himmelsdurchmusterung konzipierten Instrumenten an verschiedenen Großteleskopen (SDSS, WFCAM, VISTA, VST, HAWK-I etc.) werden in den nächsten Jahren große Datenmengen anfallen, die die Basisparameter zahlreicher Galaxien mittlerer bis hoher Rotverschiebung liefern werden. Dadurch werden sich ganz neue Einblicke in das Frühstadium des Universums gewinnen lassen, als die beobachteten Galaxien sehr jung beziehungsweise noch in der Entstehung begriffen waren. Obwohl auch aus hauptsächlich photometrisch gewonnenen "integrierten" Parametern bereits wertvolle Erkenntnisse zu erwarten sind, bleiben wichtige Informationen über die räumliche Struktur der untersuchten Objekte dabei unberücksichtigt. Insbesondere die oft komplexe Morphologie junger Galaxien kann durch integrierte "eindimensionale" Spektren kaum oder gar nicht erfasst werden, obwohl gerade sie wichtige Hinweise auf Galaxienentstehung und -entwicklung geben könnte.

Die bevorzugte Lösung, um stattdessen räumlich aufgelöste Spektraldaten zu gewinnen, bietet sich in Form der sogenannten Integral-Field-Unit (IFU)- bzw. 3D-Spektroskopie an.

Prinzip der 3D-Spektroskopie:
Ein 2D-Ausgangsbild wird durch geschickte Aufteilung in einzelne Streifen und anschließende Spektralzerlegung an einem gemeinsamen Spalt so aufgelöst, dass jedem Bildpunkt ein eigenes Spektrum zugeordnet werden kann.

(Quelle: ESO Press Releases)

Instrumente mit dieser Fähigkeit (z.B. SINFONI/SPIFFI) existieren bereits und liefern beeindruckende Ergebnisse. Das Bild unten illustriert beispielsweise die Möglichkeit, mit Hilfe von IFU-Spektrometren zweidimensionale Geschwindigkeitsverteilungen selbst in kleinen Feldern relativ genau aufzulösen. Die existierenden Instrumente können allerdings jeweils nur Einzelobjekte beobachten, die für statistisch signifikante Aussagen über Objekt-Ensembles nur bedingt geeignet sind. Darüberhinaus dürften die meisten der interessierenden Objekte aufgrund ihrer großen Entfernung äußerst lichtschwach sein, so dass die daraus resultierenden langen Belichtungszeiten ein zusätzliches Hindernis für effiziente Beobachtungen darstellen.

Radialgeschwindigkeiten in 2D:
Gewonnen aus SPIFFI-Spektren der Galaxie BzK-15504. Deren Rotverschiebung z = 2.3834 entspricht ca. 20% des heutigen Weltalters. Negative (oben) und positive Geschwindigkeiten (unten) sind starke Indizien für eine rotierende Scheibe.

(Genzel et al. 2003, Nature 2006, 442)

Für die Diagnostik spektraler Merkmale der zu untersuchenden Objekte bietet sich außerdem und natürlicherweise jener Wellenlängenbereich an, in dem optische Spektren lokal benachbarter Galaxien bereits in großer Zahl gewonnen und untersucht wurden. Aufgrund ihrer hohen Rotverschiebungen befindet sich dieser Bereich für die interessierenden Galaxien im nahen Infrarot.

Aus den genannten Gründen wurde nun KMOS so konzipiert, dass es die folgenden Anforderungen erfüllt. KMOS

  • ist in der Lage, mehrere (bis zu 24) Objekte gleichzeitig zu beobachten, ganz besonders auch in solchen Fällen, in denen diese innerhalb sehr kleiner Winkelabstände konzentriert sind.
  • kann räumlich aufgelöste Spektraldaten liefern.
  • arbeitet im nahen Infrarot und deckt dort die atmosphärischen Fenster im J-,H- und K-Band (0.8 ... 2.5 μm) ab.

Mit diesen Fähigkeiten wird KMOS zur Beantwortung grundlegender Fragen beitragen, die unser Bild von der Galaxien-Entstehung und ihrer Entwicklung sowie der Rolle der damit verbundenen physikalischen Prozesse betreffen.


Zuletzt geändert: 2022-07-06 (Michael Wegner)