Sterne und Weltraum SPECIAL Nr. 2: Schöpfung ohne Ende - Die Geburt des Kosmos - November 1997

Galaxien in der Tiefe der Zeit - Von Ralf Bender, Ulrich Hopp und Roberto P. Saglia

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Drei Kuppeln des VLT (Very Large Telescope) der ESO in Chile stehen schon. Ab März 1998 werden die vier 8-Meter-Teleskope nach und nach ihre Arbeit aufnehmen. (ESO)

uns überhaupt beobachtbaren Universums. Mit ergänzenden spektroskopischen Messungen an bodengebundenen Großteleskopen konnte man für einen Teil der Galaxien die Rotverschiebung bestimmen. Bis zu einer Rotverschiebung von etwa eins sind die altbekannten Galaxienformen gut zu erkennen: Spiralgalaxien und Ellipsen existierten damals bereits. Daneben beobachtet man die oben beschriebenen blauen, oft irregulären Galaxien, und findet Hinweise, daß mit zunehmender Distanz in Raum und Zeit die Wechselwirkungsrate zwischen Galaxien offenbar zunimmt.

Aber bei sehr viel größeren Rotverschiebungen und insbesondere für die UV-Outdroppers ist die Situation nicht mehr so klar. Die Objekte scheinen meistens in mehrere kleinere Teile zerlegt zu sein. Handelt es sich um scheibenförmige Objekte, in denen wir nur die hell leuchtenden Sternentstehungsregionen sehen? Oder sind es quasi Galaxienbausteine, aus denen später durch Verschmelzung elliptische Galaxien oder die Bulges von Spiralen werden? Eine klare Antwort steht bislang noch aus, und derzeit diskutieren die Forscher beide Möglichkeiten.

Das Hubble Deep Field liefert eine weitere wichtige Information: Sie betrifft die Sternentstehungsgeschichte des Universums. Das durch die zwei Blaufilter des Hubble-Teleskops gemessene Licht haben die Galaxien im mittleren ultravioletten Bereich abgestrahlt. Nur junge, heiße und kurzlebige Sterne strahlen in diesem Bereich. Die blauen Helligkeiten sind deshalb ein Maß für die Häufigkeit der jungen Sterne in diesen Objekten. Daraus läßt sich die Sternentstehungrate der Galaxien in Abhängigkeit von der Rotverschiebung errechnen und mit Messungen an Objekten mit Rotverschiebungen kleiner als eins vergleichen.

Galaxien mit Rotverschiebungen von etwa eins und etwas

darüber bilden demnach besonders intensiv Sterne. Heute ist die Sternentstehungsrate auf ein Zehntel des damaligen Wertes abgesunken. Auch war die Rate wohl in der Frühphase der Galaxienbildung bei Rotverschiebungen um vier deutlich geringer. Bei diesen hohen Rotverschiebungen könnten aber durchaus die ersten elliptischen Galaxien in Haufen entstanden sein.

Schöpfung aus der Ursuppe

Das Universum entstand im Urknall. Baustoff der Galaxienbildung war eine Ursuppe aus Wasserstoff und Helium. Aber die Vermessung der kosmischen Hintergrundstrahlung im Mikrowellenbereich (Beitrag Seite 106) zeigt unzweifelhaft, daß der Weltraum einige hunderttausend Jahre nach dem Urknall sehr homogen mit Materie angefüllt war. Es gab nur äußerst geringe Dichteschwankungen von der Größenordnung 0.005 Prozent. Das entspricht 25 Zentimeter hohen Wellen auf dem durchschnittlich fünf Kilometer tiefen Pazifischen Ozean. Wie hat sich aus dieser anfänglichen Monotonie die phantastische Vielfalt der Galaxien gebildet, die es heute im Kosmos gibt? Wie sind die ersten Materiekonzentrationen, die Keime der Galaxienbildung, entstanden?

Nimmt man an, daß das Universum nur aus den anfänglich gebildeten Wasserstoff- und Heliumatomen besteht, so kann man durch relativ einfache theoretische Überlegungen zeigen, daß diese Dichteschwankungen mit der Zeit nur sehr langsam wachsen, von damals bis heute um ungefähr einen Faktor Tausend. Das bedeutet aber, daß heute die Fluktuationen in der Verteilung der Atome nur ungefähr fünf Prozent betragen sollten.


Der Große Wagen (Eckhard Slawik)

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