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Der Crab-Pulsar und Supernovaüberrest  

Bei dem Crab-Nebel und dem in ihm gelegenen 33 ms Pulsar PSR 0531+21 handelt es sich um die Überreste einer im Jahre AD 1054 von chinesischen Astronomen im Sternbild Stier beobachteten Supernova-Explosion (Lundmark 1921). Der Supernovaüberrest besitzt eine Entfernung von ca. 6500 Lichtjahren ($\sim 2$ kpc) und zeichnet sich hauptsächlich durch die Existenz eines energetisch vom Pulsar gespeisten amorphen Synchrotronnebels aus, dessen Licht bei der Bewegung der vom Pulsar beschleunigten relativistischen Elektronen im umgebenden Magnetfeld der Stärke $\sim 10^{-4}$ G entsteht, und deren kurzwelliger Anteil (mit Wellenlängen unterhalb der Lyman-Kontinuums-Grenze) vermutlich die Quelle für die Ionisation der auseinanderstrebenden äußeren Nebel-Filamente darstellt (Wilson 1983). Mit einem Alter von $\sim 943$ Jahren ($P/2\dot{P}\sim 1240$ Jahre) ist der Crab-Pulsar der jüngste Pulsar der bisher $\sim 750$ bekannten Radiopulsaren. Die Untersuchung seiner thermischen Eigenschaften ist daher von besonderem Interesse für die bestehenden Neutronensterntheorien, erlaubt doch die Kenntnis der Oberflächentemperatur bzw. deren obere Grenze einen direkten Vergleich mit den Voraussagen entsprechender Neutronenstern-Kühlungsmodelle und damit wichtige Rückschlüsse bezüglich des inneren Aufbaus eines Neutronensterns zu einem sehr frühen Zeitpunkt seiner Entwicklung.

Wie bereits 1979 durchgeführte Untersuchungen mit dem Einstein-Röntgenobservatorium ergaben, ist ein direkter Nachweis der thermischen Röntgenstrahlung von der heißen Oberfläche des kühlenden Crab-Pulsars jedoch nicht möglich (Harnden & Seward 1984). So verhindert während der Pulse-on-Phase des Pulsars die intensive gepulste magnetosphärische (nicht-thermische) Emission den Nachweis der thermischen Strahlung, und während der Pulse-off-Phase überstrahlt der umgebende, im Mittel mit $\sim 95\%$ zur gesamten Röntgenemission beitragende Synchrotronnebel die Emission von der Oberfläche des Neutronensterns (vergl. Abb. 3.2). Eine Möglichkeit für die Eingrenzung der Oberflächentemperatur des Crab-Pulsars besteht daher in der Bestimmung einer oberen Grenze für den ungepulsten Röntgenfluß an der Position des Neutronensterns, z.B. durch Messung des DC-Anteils (ungepulsten Anteils) in der detektierten Pulsar-Röntgenlichtkurve. Da der Pulsar während seiner Off-Phase von der Nebel-Emission überstrahlt wird, muß die Intensität seiner thermische Eigenemission notwendigerweise unter der des Nebels liegen. Unter der Annahme eines Schwarzkörperspektrums sowie der strahlenden Fläche läßt sich daher bei gegebener Pulsardistanz, Neutronensternmasse und interstellarer Absorption das Temperaturäquivalent des ungepulsten Röntgenflusses und damit eine obere Grenze für die Oberflächentemperatur des Pulsars bestimmen.

Eine notwendige Voraussetzung für die Ableitung eines signifikanten Temperaturgrenzwertes ist die Verwendung eines abbildenden Röntgendetektors mit möglichst schmaler Punktbildfunktion und guter Zeitauflösung. Beide Anforderungen erfüllt der ROSAT-HRI-Detektor. Mit einer nominalen Winkelauflösung von $\sim 6$ (FWHM, - vergleiche hierzu jedoch Abbildung B.4) und einer relativen Zeitauflösung von $\sim 64\,\mu\mbox{sec}$ ist er das ideale Instrument, um die Kontamination des von der Pulsarposition kommenden Röntgenflusses durch die Einstrahlung des umgebenden Synchrotronnebels möglichst gering zu halten. Dies belegen die bereits erwähnten Beobachtungen mit dem fast baugleichen HRI-Detektor an Bord des Einstein-Observatoriums. Sie liefern unter der Annahme eines Neutronensternradius von R=10 km und einer Säulendichte[*] von $N_H=3\times 
10^{21}\;\mbox{Atome/cm}^2$ eine obere Grenze für die Oberflächentemperatur des Crab-Pulsars von $T_s \le 2.5 \times 10^6$ $\mbox{K}\;$(Harnden & Seward 1984). Ein Wert, der für einen $\sim 10^{3}$ Jahre alten Neutronenstern in der erwarteten Größenordnung liegt, doch wie die Analyse der ROSAT-Daten zeigt, noch weiter gesenkt werden kann. Zwar besitzen beide HRI-Detektoren eine vergleichbare Winkelauflösung, doch übersteigt die Güte der Spiegelstreuung und ein verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis in Verbindung mit einer größeren effektiven Fläche des ROSAT-HRI-Detektors die entsprechenden Werte des Einstein-Detektors, so daß der ROSAT-HRI zur Bestimmung des ungepulsten Röntgenflusses des Crab-Pulsars das bessere Instrument darstellt.

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 Abb. 3.1 Crab-Nebel und Pulsar. Gezeigt ist der Supernovaüberrest im optischen sowie im weichen Röntgenbereich. Im optischen Wellenlängenbereich besitzt der Überrest eine Ausdehnung von etwa $4\times 6$ Bogenminuten. Bei einer Entfernung von $\sim 6000$ Lichtjahren entspricht dies einer linearen Ausdehnung von $\sim 7\times 10$ Lichtjahren. Im Röntgenbereich erkennt man dagegen nur den $2\times 2$ Bogenminuten großen Synchrotronnebel mit dem 33 ms Pulsar PSR 0531+21.



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 Abb. 3.2   Crab-Pulsar und -Nebel im Energiebereich 0.1-2.4 keV, beobachtet mit dem HRI-Detektor an Bord von ROSAT. Dargestellt ist der Synchrotronnebel während der On-Phase (rechts) sowie während der Off-Phase des Pulsars ($\sim 18\%$ der Gesamtperiode).


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 Abb. 3.3   Pulsprofil des Crab-Pulsars, gemessen mit dem italienischen Röntgensatelliten BeppoSax im Energiebereich 0.5-300 keV (Mineo et al. 1997). Ein Vorteil dieses Satelliten gegenüber ROSAT ist der weite Empfindlichkeitsbereich von 0.1-300 keV, während ROSAT jedoch im weichen Röntgenbereich bis 2.4 keV das bessere Instrument darstellt. Die gezeigten Pulsprofile demonstrieren in eindrucksvoller Weise die Energieabhängikeit der Pulsaremission über einen weiten Bereich. Die Röntgenstrahlung des Crab-Pulsars ist nicht-thermisch und entsteht durch die Beschleunigung geladener Teilchen im Magnetfeld des Pulsars.



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Roberto Saglia
5/6/1998