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Heizungsmodelle für Neutronensterne  

Wird die von einem Neutronenstern abgestrahlte Energiemenge durch innere oder von außen initiierte Prozesse in der Energiebilanz - zumindest teilweise - wieder ausgeglichen, so spricht man allgemein von einer Heizung des Neutronensterns. Der wichtigste und effektivste Heizmechanismus der derzeit für isolierte Neutronensterne diskutiert wird ist ein unter der Bezeichnung frictional heating bekannter dissipativer Wechselwirkungsprozeß zwischen superfluiden Neutronen in der inneren Neutronensternkruste $(\,\rho \sim 4.3\times 10^{11}
- 2.8\times 10^{14}\;\mbox{g cm}^{-3}\,)$ und den neutronenreichen Gitterbausteinen der in dieser Region mit den superfluiden Neutronen koexistierenden kristallinen Materie.

Der theoretisch vorhergesagte Einfluß der Reibungsheizung auf die thermische Evolution von Neutronensternen ist insgesamt sehr groß und führt besonders bei Pulsaren mit einem Alter von $\tau \ge 10^6$Jahren zu einer deutlich höheren thermischen Emission und Röntgenleuchtkraft als im Fall einer fehlenden Reibungsheizung. Das belegen sowohl die von Shibazaki & Lamb (1989) für einen Neutronenstern im isothermen Gleichgewicht durchgeführten Modellrechnungen als auch die von Umeda et al (1993) veröffentlichten Ergebnisse, die dieser Einschränkung bereits nicht mehr unterliegen. Für die durch Dissipation freigesetzte Heizleistung spezifizieren die gegenwärtigen Theorien Werte im Bereich $\dot{E}_{\mbox{
\footnotesize diss}} \sim 10^{28}-10^{30}$ erg/s, die insbesondere bei alten Neutronensternen zu einer über zehn- bis hundertmillionen Jahre anhaltenden Erwärmung der Neutronensternoberfläche von etwa 105 $\mbox{K}\;$führen können.

 

3c     TABELLE 2.1 $\;\;$    Neutrinoemissivität der Neutronenstern-Kühlungsmodelle         
3c    
3c    
    Reaktionsprozeß Darstellung Emissivität
(erg/s/cm3)
  Direkter URCA-Prozeß $n \rightarrow p + e^- + \bar{\nu}_e$
$p+e^- \rightarrow n+ \nu_e$
$\sim 10^{27}\times T_9^6$
  $\pi$-Kondensat $n+ \pi^- \rightarrow n + e^- + \bar{\nu}_e$
$n+e^- \rightarrow n+ \pi^- + \nu_e$
$\sim 10^{26}\times T_9^6$
  Quark-URCA-Prozeß $d \rightarrow u + e^- + \bar{\nu}_e$
$u+e^- \rightarrow d+ \nu_e$
$\sim 10^{26}\;\alpha_c\; T_9^6$
  K-Kondensat $n+ K^- \rightarrow n + e^- + \bar{\nu}_e$
$n+e^- \rightarrow n+ K^- + \nu_e$
$\sim 10^{24}\times T_9^6$
  Modifizierter URCA-Prozeß $n + n \rightarrow n + p + e^- + \bar{\nu}_e$
$n+p+e^- \rightarrow n+n+ \nu_e$
$\sim 10^{20}\times T_9^8$
  Direkt gekoppelte
Elektron-Neutrino-Prozesse
$\gamma + e^- \rightarrow e^- + \nu_e + \bar{\nu}_e$
$\gamma_{plasmon} \rightarrow \nu_e + \bar{\nu}_e$
$e^+ + e^- \rightarrow \nu_e + \bar{\nu}_e$
$\sim 10^{20}\times T_9^8$
  Neutron-Neutron und Neutron-
Proton-Bremsstrahlung
$n+n\rightarrow n+n+\nu+\bar{\nu}$
$\;n+p\rightarrow n+p+\nu+\bar{\nu}$
$\sim 10^{19}\times T_9^8$
  Elektron-Ion-Neutrino-
Bremsstrahlung
$e^- + (Z,A)\rightarrow$
$e^- + (Z,A) + \nu_e + \bar{\nu}_e$
$\propto T_9^6$
3c    





Tab. 2.1  Die vorstehende Tabelle zeigt die wichtigsten zur Kühlung eines Neutronensterns beitragenden Neutrino-Reaktionsprozesse, ihre Emissivität sowie deren Temperaturabhängigkeit, zu der jedes n,p,e- einen Faktor T und jedes Neutrino zusätzlich einen Faktor T3 beiträgt. Da die freie Weglänge der Neutrinos wesentlich größer ist als der Radius des Neutronensterns, verlassen die Neutrinos den Neutronenstern ohne Energieverlust und weitere Wechselwirkungen. Entsprechend Fermi's Goldener Regel unterscheidet man zwischen einer schnellen und einer langsamen Neutrinoemission, je nachdem, ob an der Reaktion zwei oder vier Baryonen beteiligt sind. Bemerkenswert ist die Vielzahl der möglichen Neutrinoprozesse. Die ersten vier der in der Tabelle gezeigten Reaktionen führen auf eine um Größenordnungen höhere Neutrinoemissivität, und bewirken damit eine wesentlich schnellere Abkühlung des Neutronensterne, als die letzen vier Reaktionen, welche man mit dem Begriff Standard-Kühlung zusammenfaßt.



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 ...ernoberfl\uml ache. (Abb.~nach Umeda et al 1993)\end{minipage}}

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Roberto Saglia
5/6/1998