Fig.. Der Galaxienhaufen Cl0024+1654
1 Gravitative Lichtablenkung: vom Thema für Träumer zum kosmologischen Werkzeug
In ihrer ersten Phase, vor 1979, war die Theorie der Lichtablenkung in einem Gravitationsfeld zwar ausgearbeitet [siehe die Einleitung in Schneider, Ehlers & Falco, 1992, (SEF), Seite 1 bis 9] und experimentell durch die Messung der Lichtablenkung am Sonnenrand bestätigt, jedoch glaubten die meisten Astronomen, daß dieser Effekt wegen seiner geringen Größ e (1¢¢.7 am Sonnenrand) für die Astronomie irrelevant ist. Arbeiten auf dem Gebiet der Gravitationslinsen wurden eher in die `Esoterik' als in die Astophysik eingeordnet: Sjur Refsdal (private Kommunikation) mußte aus seiner Dissertation 1963 das Kapitel über Gravitationslinsen streichen, um promoviert zu werden.
Der Wandel kam mit der Entdeckung des ersten doppelt
abgebildeten Quasars durch D. Walsh, R.F. Carswell & R.F. Weymann (1979).
Es ist kein Zufall, daß die erste entdeckte
mehrfach-abgebildete Quelle ein Quasar (quasai-stellare Radioquelle)
ist: die Entdeckung von Linsenkandidaten und die
Verifikation der Linsennatur ist einfacher, wenn die
mehrfach-abgebildete Quelle ein Quasar bzw. ein QSO (quasi-stellares
Objekt) ist:
i) Die
punktförmigen Quasare sind sehr viel seltener als ausgedehnte
Objekte (Galaxien), und selten findet man zwei von ihnen in einem
Abstand von nur wenigen Bogensekunden. Beschränkt man sich auf helle
QSOs (im optischen) und Quasare (im Radio-Frequenzbereich), findet man
Linsenkandidaten auf eine effektive Weise.
ii) Ein Gravitationslinsenkandidat wird zu einem verifizierten System,
wenn man zeigen kann, daß die Bilder bis auf solche Abweichungen,
die auf die Wirkung der Linse (Staub, Mikrolinseneffekt)
zurückzuführen sind, identisch sind, wenn man eine potentielle
Linse beobachten kann und wenn ein plausibles Linsenmodell die
Bildkonfiguration erklärt. Da Quasare intrinsisch hell sind und ihre
Spektren Strukturen, insbesondere starke Emissionslinien zeigen, kann
man ihre Rotverschiebung und ihre spektralen Eigenschaften leichter
und in kürzerer Zeit bestimmen, als dies für Galaxien gleicher
Entfernung möglich ist.
Die zweite herausragende Entdeckung sind die
groß en leuchtenden Bögen (`giant luminous arcs') von Soucail et
al. (1987) und Lynds & Petrosian (1986): beide Gruppen beobachteten
in der Sichtlinie zu Galaxienhaufen bogenförmige, lange und
gleichzeitig dünne Quellen, deren Krümmungsradius mit dem Abstand
vom Haufenzentrum oder der cD Galaxie eines Haufens
übereinstimmt. Sie interpretierten diese Bögen als Galaxien hoher
Rotverschiebung, die sich in der Nähe des Einsteinradius des
Galaxienhaufens befinden und dort sehr stark verzerrt werden.
In beiden Fällen (den Mehrfachquasaren und Arcs)
ging man nach der zufälligen Entdeckung einiger
Arcs und Mehrfachlinsensystemen zu systematischen
Himmelsdurchmusterungen (Surveys) über. Mit der systematischen
Untersuchung der
Linsenhäufigkeit und auftretenden Linsenkonfigurationen
von vollständigen Quasar-Katalogen (diese Kataloge enthalten alle Quasare
mit bestimmten Eigenschaften, die heller als ein bestimmtes
Helligkeitslimit sind) und der Untersuchung von Arc-Konfigurationen
in allen Galaxienhaufen heller als eine bestimmte Röntgenleuchtkraft
begann man, den Linseneffekt als Werkzeug zu gebrauchen,
um kosmologische und astrophysikalische Fragen zu
beantworten.
1) Die Position und Form der Arcs und mehrfach abgebildete Galaxien
schränken die Massenverteilung in den Zentren von Galaxienhaufen
ein (Fort & Mellier, 1994).
2) Aus der Lichtlaufzeitdifferenz in einem Mehrfachlinsensystem kann man
die Hubblekonstante H0 bestimmen (Refsdal 1964, Kundic et al. 1996).
3) Man kann z.B. aus der Häufigkeit von mehrfach abgebildeten Quasaren und ihrer Bildaufspaltung die kosmologische Konstante L und den Zusammenhang zwischen Leuchtkraft und Geschwindigkeitsdispersion (L-s)-Relation einer Galaxie einschränken (siehe z.B. Kochanek, 1995).
Mehrfach abgebildete Quasare und Arcs haben drei Gemeinsamkeiten:
sie sind spektakulär, relativ selten und aus ihnen entwickelten sich
die beiden Hauptarbeitsrichtungen der momentanen
Linsenbeobachtung und -forschung:
Von Mehrfachquasaren zum Microlensing und den Machos
Eine Galaxie besteht nicht nur aus glatt verteilter Materie (Gas und dunkle Materie), sondern auch aus kompakten Sternen. Diese führen zu einer Bildaufspaltung im Mikro-Bogensekundenbereich (Mikrolinseneffekt); die einzelnen Bilder sind zwar nicht auflösbar, jedoch verändern die Sterne die Gesamtverstärkung einer genügend kleine Quelle. Für kleine Quellen kommt es zu einer Zunahme der Wahrscheinlichkeit hoher Gesamtverstärkungsfaktoren, relativ zu dem Fall glatt verteilter Materie. (Der Erwartungswert der Verstärkung bleibt von der Granularität unberührt). Da i.a. Quelle, Linse und Beobachter relativ zu einander nicht ruhen, verändert sich die Verstärkung entlang der Sichtlinien zur Quelle mit der Zeit. Der Mikrolinseneffekt wurde als erstes in einem Mehrfachlinsensystem, dem sogenannten Einsteinkreuz [ein Quasar mit Rotverschiebung z = 1.69 wird von einer Galaxie bei z = 0.039 in vier Bilder abgebildet] nachgewiesen. Mit Hilfe der Variabilität der Quasar-Bilder im Einsteinkreuz wurde auch gezeigt, daß die Quasare eine genügend kleine Ausdehnung haben, daß diese Mikrolinsen-induzierte Variabilität auftritt. Nimmt man an, daß die aus dem Einsteinkreuz abgeschätzte Quasar-Quellgröß e typisch ist, kann man umgekehrt aus der Variabilität der einfach abgebildeten Quasare eine obere Grenze für den Beitrag von kompakten Objekten in einem bestimmten Massenbereich zur Materiedichte des Universums angeben (z.B. Schneider 1993).
Sterne und andere kompakte Körper in unserer Galaxie üben auf
Sterne entlang ihrer Sichtlinie (z.B. im galaktischen Zentrum oder in
der Groß en Magellanschen Wolke) auch einen Mikrolinseneffekt
aus. Zu jedem Zeitpunkt wird im Mittel einer von einer Million Sternen
durch den Mikrolinseneffekt verstärkt. B. Paczy\' nski schlug 1986 vor,
die Häufigkeit und Zeitdauer dieser Effekte zu beobachten,
um mögliche Modelle über die
Anzahldichte und Verteilung von kompakten Körpern (leuchtende
Sterne, braune Zwerge, kleine schwarze Löcher, weiß e Zwerge...)
in unser Galaxie einzuschränken. Diese
Beobachtungen werden von mehreren Kollaborationen in Richtung der
Magellanschen Wolken und des Zentrums unserer Galaxie mit viel Erfolg
durchgeführt (Paczy\' nski, 1996). Sie werden
uns u.a. zeigen, ob tatsächlich die `fehlende' Masse
im Halo unserer Galaxie durch massive, kompakte Halo-Objekte (MACHOs)
aufgebaut ist, wie im Zentrum die Sterne verteilt sind, und im Prinzip
kann man mit dieser Methode sogar Planeten finden.
Von Arcs zu Arclets und parameterfreien
Massenrekonstruktionen
Betrachtet man einen Galaxienhaufen, der Arcs zeigt, so sieht man auch kleinere Bögen, die `Arclets'. Sie sind wie die Arcs tangential zum Haufenzentrum orientiert und haben ein Länge- zu Breiteverhältnis, das von zufälligen Feldgalaxien überschreitet. Die `Arclets' sind wie die Arcs Galaxien, die durch das Gravitationspotential des Galaxienhaufens verzerrt abgebildet werden. Die Verzerrung ist zwar nicht so stark wie die der Arcs, dafür gibt es sehr viel mehr Arclets als Arcs (Arcs können sich nur entlang sogenannter kritischer Linien bilden, Arclets treten im gesamten Haufen auf, wenn die Lichtablenkung stark genug ist)! In Gebieten, in denen die Linsenwirkung des Haufens schwach ist (`weak lensing'), kann man `mit dem Auge' keine bevorzugte Ausrichtung der Galaxien mehr erkennen. Mit einer statistischen Analyse (z.B. Mittelung über die Elliptizitäten benachbarter Galaxienbilder) kann man jedoch zeigen, daß im Mittel die Galaxien tangential zum Haufenzentrum ausgerichtet sind. In dem Fall einer schwachen Linse steht die mittlere Elliptizität der Galaxien in einem einfachen Zusammenhang mit der Massenverteilung des Haufens. Die Invertierung dieser Gleichung durch Kaiser & Squires (1993) liefert die Massenverteilung als Funktion der beobachteten Elliptizitäten und bereitete den Weg für nachfolgende Verbesserungen und Verallgemeinerungen.
Während der Mikrolinseneffekt Informationen über die Verteilung von kompakten Objekten in Galaxien (insbesondere unsere Galaxie) liefert, erhält man durch `weak lensing' Analysen die Massenverteilungen individueller Galaxienhaufen und Galaxiengruppen. Mit statistischen Mitteln kann man auch die Massenverteilung und Ausdehnung der Halos von Galaxien (durch `galaxy-galaxy lensing') und das Spektrum der Dichtefluktuationen im frühen Universum (durch Messung der `cosmic shear') einschränken.
Literatur
1) Das Buch `Gravitational Lenses' (SEF) von P. Schneider, J. Ehlers und E.E. Falco (Springer Verlag 1992) enthält fast alles, was Ihr schon immer über Gravitationslinsen wissen wolltet. Kapitel 1 faß t die Geschichte dieses Forschungsgebietes zusammen - auch für Laien geeignet (Bettlektüre?). In Kapitel zwei werden grundlegende Effekte des Linseneffekts erläutert und der Stand der Beobachtungen bis 1992 dargestellt. Das Handwerkszeug zur Untersuchung des Linseneffekts (Linsengleichung, Verstärkung, kritische Kurven etc.) wird in Kapitel 5 zur Verfügung gestellt.
2) Der Review `Arc(let)s in clusters of galaxies' (MB) von Y. Mellier und B. Fort (Astronomy & Astrophysics Review 1994) demonstriert u.a., wie man mit Hilfe von Arcs und Arclets in Galaxienhaufen die Massenverteilung in den Zentren von Galaxienhaufen einschränken kann. Die Theorie wird mit Beispielen in Figuren veranschanschaulicht. Die beiden Autoren - sie gehören zu den besten und erfolgreichsten Beobachtern auf diesem Gebiet - stellen die wichtigsten Beobachtungen, aber auch die daraus gewonnenen Informationen über die Massenverteilung in Galaxienhaufen bis zum Jahr 1994 zusammen.
3) Die `Lectures on Gravitational Lensing' (BN) (in der Anleitung begefügt) von M. Bartelmann und R. Narayan beschreiben u.a. das Prinzip des schwachen und starken Linseneffektes in Galaxienhaufen. Für dieses Praktikum reicht es, die Kapitel 2.1, 3.1,3.2.,3.4, 3.5, sowie 4.1 (am wichtigsten) verstanden zu haben. Ihr solltet auß erdem Kapitel 4.2 einmal durchlesen und das Prinzip wiedergeben können.
2 Grundlagen der Gravitationslinsentheorie
2.1 Das kosmologische Standardmodell
Im folgenden soll kurz das kosmologische Standardmodell beschrieben werden. Die nächsten zwei Seiten sollten für Euch (nach dem Besuch der Astronomie-Einführungsvorlesung) keine Neuigkeiten enthalten. Sie sollen die Erinnerung auffrischen und auch notwendige Notation einführen. Ausführliche Darstellungen über das Standardmodell können in Börner (1988), Peebles (1993), Weinberg (1972), Padmanabhan (1993) nachgelesen werden.
Man nimmt an, daß die Raumzeit unseres Universums, wenn man es über genügend groß e Skalen, ³ 500 Mpc, (1pc » 3×1018 cm) gemittelt betrachtet, durch eine Robertson-Walker Metrik beschrieben werden kann:
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L = 0 ist dies dann der Fall, wenn die heutige Materiedichte gleich der kritischen Materiedichte ist. Mit den oben eingeführten Bezeichnungen kann die Friedmanngleichung für die materiedominierte Phase des Universums unter Benutzung von
r = rd+rr » rd µ R-3 auch als
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2.2 Kosmologische Rotverschiebung und Entfernungsmaß e
Rotverschiebung:
Beobachten wir zur Zeit t0 Wellenfronten, die zur Zeit te von einer
Quelle mit konstanten räumlichen Koordinaten,
r, q, f = const, mit einer Frequenz
ne ausgesendet wurden, dann ist ihre Frequenz um einen Faktor
1+z verringert,
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Winkelabstand:
Gegeben sei eine Quelle mit einer Ausdehnung der Eigenlänge dz
und einer beobachteten Winkelausdehnung dq. Der Winkelabstand
der Quelle beträgt dann in Anlehnung zur Euklidischen Entfernung:
D = [(dz)/( dq)]. Für einen Beobachter und eine
Quelle bei den Rotverschiebungen z1 und z2 folgt für flache
Raumzeiten (k = 0) (vgl. Fukugita et al. 1992, Gleichung (16),
Peebles 1993, Gleichung (13.30))
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Leuchtkraftdistanz:
Für eine Quelle mit Fluß s and Leuchtkraft L definiert man
die Leuchtkraftdistanz als
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Aufgaben:
· T1
· T2
· T3
· T4
2.3 Die Linsenabbildung
In diesem Abschnitt werden die wesentlichen Aspekte der Gravitationslinsentheorie beschrieben. Ausführlichere Darstellungen findet man in SEF, Kapitel 3 bis 5, in den Übersichtsartikeln von Blandford und Narayan (1992) und in meiner Diplomarbeit (Seitz 1993). R. Benders Vorlesungsskript enthält auch einen Abschnitt über Linsen. Dort könnt Ihr nachlesen, wie man den Ablenkwinkel (bis auf einen Faktor 2) erhält, wenn man die Lichtablenkung als Streung eines klassischen Teilchens mit Geschwindigkeit c an einem 1/r-Potential behandelt
2.3.1 Der Ablenkwinkel
Das Gravitationsfeld einer Massenverteilung lenkt
Lichtstrahlen ab, die Richtungsänderung eines Lichtstrahls
wird als Ablenkwinkel
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Aufgabe:
· T5
2.3.2 Die Linsengleichung
Fig.2.1. Geometrische Darstellung der Linsengleichung: Die gestrichelte Linie (wird als `optische Achse' bezeichnet), verbindet Beobachter, Linse und Quelle und legt den Koordinatenursprung in der Quell- und Linsenebene fest. Die gepunkteten und durchgezogenen Kurven geben an, wie der Lichtstrahl von der Quelle zum Beobachter in Abwesenheit und in Anwesenheit der Linse verläuft.
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by Gegeben sei nun eine Quelle bei der Rotverschiebung zs, ein Linse bei zd und ein Beobachter bei z = 0; ferner seien Ds, Dd und Dds die Winkeldistanzen vom Beobachter zur Quelle und Linse sowie von der Linse zur Quelle (siehe 2.8). Analog zur Linsenebene definieren wir eine Quellebene, deren Ursprung durch den Schnittpunkt der Quellebene mit der optischen Achse gegeben ist und die parallel zur Linsenebene ist. Sei x der Stoß vektor eines Lichtstrahls in der Linsenebene, sowie
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Wie in der newtonschen Mechanik und in der klassischen Elektrodynamik stellt das Ablenkpotential y die grundlegende Größ e dar; der Ablenkwinkel kann damit als `Kraftfeld' interpretiert werden. Die Zusammenhänge von Ablenkpotential, Flächenmassendichte und Ablenkwinkel in der Linsentheorie sind analog derer von elektrischem Potential, Ladungsdichte und elektrischem Feld in der zweidimensionalen Elektrostatik.
2.3.3 Die Jacobimatrix der Linsengleichung
Betrachten wir nur Winkelbereiche, für die der Ablenkwinkel
wenig variiert, so können wir die
Linsengleichung linearisieren und erhalten die Jacobimatrix A der
Linsenabbildung
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Die Jacobimatrix beschreibt also, wie ein infinitesimales Lichtbündel von der Linsen- in die Quellebene abgebildet wird. Man verwendet sie, um (statistisch) die Veränderung der Form und Fläche von ausgedehnten Quellen auszuwerten, sowie, um die relative Form von ausgedehnten Mehrfachbildern zu untersuchen.
Die Jacobimatrix (2.16) zerfällt in einen Anteil (1-k)Á proportional zur Einheitsmatrix Á und einen spurfreien Beitrag, der durch die Scherung g beschrieben wird. Die Flächenmassendichte k führt zu einer isotropen Fokussierung eines Lichtbündels, die zwei-komponentige Größ e g bewirkt eine anisotrope Verzerrung . k und g entsprechen damit der Ricci- und Weylfokussierung von Lichtbündeln in der allgemeinen Relativitätstheorie (Seitz 1993, Seitz, Schneider & Ehlers 1994).
2.3.4 Kritische Kurven und Kaustiken
Die Jacobimatrix kann singulär werden (detA = 0).
Dies ist der Fall, wenn
[ 1-k(q) ]2 - | g(q) |2 = 0 ist, wobei ich
g12+g22 als | g|2
abgekürzt habe.
Die Punkte der Linsenebene,
deren Jacobimatrix singulär ist, bilden geschlossene Kurven, die als
kritische Kurven bezeichnet werden (SEF, Kapitel 5.2). Bildet man
diese Kurven mit Hilfe der Linsengleichung (2.13) auf die Quellebene
ab, erhält man die den kritischen Linien entsprechenden
Kaustiken.
Kaustiken separieren Gebiete in der Quellebene, in denen gelinste
Quellen eine verschiedene Zahl von Bildern aufweisen.
Überschreitet eine Quelle eine Kaustik, so entstehen, bzw. vergehen
zwei Bilder an der zugehörigen kritischen Linie. Findet dieser
Verschmelzungsprozeß in radialer (tangentialer) Richtung zum
Massenzentrum statt, so spricht man von radialen (tangentialen) kritischen
Kurven und radialen (tangentialen) Kaustiken.
In den beiden Teilfiguren von Figur 2.1 sind jeweils links und rechts
für eine elliptische Massenverteilung die kritischen Linien
(also Bildebene) und Kaustiken (also Quellebene) dargestellt.
Von auß en wird jeweils eine Quelle
(rosa bzw. hellblau) in vier (drei) Schritten Richtung Massenzentrum (rote
Quelle) geschoben. Die zugehörigen Bilder in der Linsenebene sind
mit derselben Farbe in der linken Seite der Teilfigur eingezeichnet.
Linke Teilfigur: die hellblaue Quelle hat die äuß ere Kaustik
überschritten, und es sind zwei zusätzliche Bilder in radialer
Richtung an der inneren kritischen Linie entstanden. Es handelt sich
also um eine radiale Kaustik, bzw. radial kritsche Linie. An der
Position der dunkelblauen Quelle sind die zugehörigen Bilder von der
radial kritischen Linie weggewandert (eins nach innen, wo es sehr
klein und damit fluß abschwächend abgebildet wird, und eins nach
auß en, wobei es seine Gestalt von radialer in tangentialer
Verzerrung ändert). Hat die Quelle eine weitere Kaustik
überschritten (grüne Quelle), so entstehen in tangentialer
Richtung an der äuß eren kritischen Linie (also die tangential kritische
Linie) zwei neue Bilder. Das fünfte Bild ist fast unmittelbar im
Massenzentrum und so klein und schwach abgebildet, daß es in der
Figur schon nicht mehr zu sehen ist. Befindet sich die Quelle im
Zentrum (rot), also auf der optischen Achse des Linsensystems,
erhält man 4 fast kreisförmig angeordnete Bilder (und eines
unsichtbares im Zentrum). Falls die Massenverteilung der Linse
sphärisch symmetrisch ist, enstünde statt der vier roten
Bildpositionen ein Kreis, der den Einsteinradius des Linsensystemes
wiedergäbe.
In der rechten Teilfigur wird die Quelle nicht über ein gerades
Stück (Falte) der tangentialen Kaustik geschoben, sondern über eine
Spitze (Kuspe). Bei diesm Vorgang (blau zu grün) entstehen aus einem
Bild drei Bilder. Man bezeichnet Bilder, die an einer Falte
verschmelzen, als `fold-arc' und solche an einer Kuspe
als `cusp-arc'. Cusp-arcs sind im allgemeinen größ er und stärker
gekrümmt und damit auch spektakulärer als Fold-arcs.
Figure 2.1: Jede Teilfigur enthält rechts die
Kaustiken (Quellebene) und links die zugehörigen kritischen Kurven
(Linsenebene). Für 5 bzw. 4 verschiedene Quellpositionen sind die
zugehörigen Bildpositionen in derselben Farbe eingezeichnet. Man
kann die Bildung von radialen Arcs sowie Fold- und Cusp-Arcs an der
tangentialen kritischen Linie mitverfolgen (mehr dazu im Text)
Fig.2.2. Diese Figur soll verdeutlichen, welche Mehrfachbildkonfigurationen in Linsensystemen typischerweise auftreten. Dazu wurde ein eine isotherme Sphäre mit Kernradius xc verwendet und eine zusätzliche äuß ere Scherung g = 0.2 angenommen. Der Kernradius wurde, wie in den 4 Teilfiguren eingezeichet, variert. Die Kaustiken bzw. kritischen Linien sind als durchgezogene Kurven und gestrichelte Kurven eingezeichnet. Die gefüllten Symbole repräsentieren jeweils eine Quellposition, die zugehörigen leeren Symbole die zur Quelle gehörende(n) Bildposition(en). Für groß e Kernradien xc = 2.0 existiert nur jeweils eine (sogenannte) tangential kritische Kurve, die zweite (radial) kritische Kurve ermoglicht das Auftreten `radialer' Arcs oder eines 4 bzw. 5-fach-Bildes.
by In Figur 2.1 kann man ablesen, daß sich die Anzahl der Bilder einer Quelle immer um zwei ändert, wenn sie eine kritische Linie überschreitet. Man kann allgemein für nicht-singuläre Materieverteilungen beweisen, daß die Anzahl der Bilder einer Quelle immer ungerade ist (Burke 1981, Schneider 1984, Seitz & Schneider 1992, 1994) und sich daher beim Überschreiten von Kaustiken um Vielfache von zwei ändern muß . Während Figur 2.1 vor allem die Entstehung von Mehrfachbildsystemen und Arcs veranschaulichen soll, zeigt Figur 2.2 typische Bildkonfigurationen für (grob) realistische Modelle für Galaxienhaufen. In den 4 Teilfiguren wird der Kernradius und damit die Steilheit des Massenprofils sowie die Flächenmassendichte im Zentrum der Massenverteilung verändert. Kleine Kernradien begünstigen somit das Auftreten von Mehrfachbildern und Arcs. Die Position von Bildern an einer radial kritischen Linie miß t ungefähr den Kernradius (und damit das Abflachen des Potentials), die Position an einer tangentialen kritischen Linie miß t die Amplitude des Potentials.
Das Singularitätskriterium [ 1-k(q) ]2 -| g(q) |2 = 0 verdeutlicht, warum die in (2.15) definierte Flächenmassendichte Scrit als kritische Flächenmasendichte bezeichnet wird. Gilt k > 1 an einer beliebigen Position in der Linsenebene, ist das eine Garantie für die Existenz von kritischen Linien und ermöglicht das Auftreten von Mehrfachbildern. Ferner wird deutlich, daß für eine feste physikalische Flächenmassendichte S die Linsenstärke proportional zu [(DdsDd)/( Ds)] ist. Der Wert dieses Faktors hängt von der Hubblekonstante, von der Materiedichte
r = Wrcrit, von der kosmologischen Konstante und
den Rotverschiebungen von Quelle und Linse ab. Für feste
Quellrotverschiebung existiert eine Linsenrotverschiebung, so daß [(DdsDd)/( Ds)] maximal wird (für eine Quelle bei zs = 2 ist
die optimale Linsenrotverschiebung ungefähr bei zd » 0.5);
für eine Linse bei gegebener
Rotverschiebung wird eine Quelle mit `unendlicher' Rotverschiebung
am stärksten gelinst.
Aufgaben:
· T6
· T7
· T8
2.3.5 Verstärkung
Der Absolutwert der
Determinante der Jacobimatrix, | detA(q) |, beschreibt, wie
infinitesimale Raumwinkelelemente von der Linsenebene auf die Quellebene
abgebildet werden,
d2b = | detA(q) | d2q. Ist die
Jacobimatrix nicht singulär, kann man diese Gleichung invertieren
und erhält die Raumwinkelgröß e des Bildes
in Abhängigkeit vom Raumwinkel der Quelle.
Ist
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Aufgabe:
· T9
2.4 Die singuläre isotherme Sphäre
Um Linseneffekte qualitativ zu diskutieren, approximiert man häufig die Massenverteilung von Galaxien und Galaxienhaufen durch die einer singulären isothermen Sphäre (SIS). In diesem Modell (Binney & Tremaine 1987) betrachtet man eine Galaxie als ein sphärisch symmetrisches, selbstgravitierendes, ideales Gas der Temperatur T, dessen Gasteilchen aus Sternen (oder stoß freien Elementarteilchen) der Masse m bestehen, die eine Geschwindigkeitsdispersion s = [Ö(kBT/m)] entlang einer Sichtlinie aufweisen. Man erhält eine einparametrige Schar von Modellen, deren Dichte beim Abstand R vom Zentrum durch r(R) = [(s2)/( 2pG)] [1/( R2)] gegeben ist. Die, für den Ablenkwinkel relevante, projizierte Flächenmassendichte in einem Winkelabstand | q | vom Massenzentrum beträgt
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Wie oben diskutiert, markiert der Einsteinradius denjenigen Bereich, in dem die Linse Mehrfachbilder erzeugen kann, oder `kritisch' ist. Unter der Annahme, daß die Quelle so weit von der Linse entfernt ist, daß Dds » Ds gilt, beträgt der Einsteinstradius einer Linse mit der Geschwindigkeitsdispersion von s = 220 km /s ( s = 1000 km/s) 1.4 Bogensekunden (eine halbe Bogenminute). Galaxien sind also (grob) auf einer Skala von Bogensekunden kritisch, bei sehr massiven Galaxienhaufen ist die Winkelskala etwa 30 mal so groß .
Das SIS-Model ist insofern unrealistisch, als daß die Flächenmassendichte im Zentrum singulär wird, die Gesamtmasse divergiert und Beobachtungen zeigen, daß die sphärische Symmetrieannahme im allgemeinen nicht gerechtfertigt ist. Es sind daher parametrisierte Linsenmodelle entwickelt worden, die durch Einführung eines Kernradius die Singularität beseitigen, deren Gesamtmasse durch einen steileren Abfall der Flächenmassendichte endlich bleibt und die elliptische Potential- oder Massenkonturen zulassen. (SEF, Fort & Mellier (1994) und dort gegebenene Referenzen).
Dennoch ist das SIS-Modell sehr nützlich, wenn man
Linseneigenschaften qualitativ diskutiert und wenn man
gemittelte Linseneigenschaften im nichtkritischen
Bereich beschreiben will:
i) Die Massenverteilung der Linse wird mit nur einem freien Parameter
s
beschrieben, der bei bekannter Quell- und
Linsenrotverschiebung sofort aus dem Radius eines Einsteinrings
abgeleitet werden kann.
ii) Die so abgeleitete `Geschwindigkeitsdispersion' s kann mit
anderen Messwerten, wie der Geschwindigkeitsdispersion von Sternen und Gas in
Galaxien, oder von Galaxien in
Galaxienhaufen verglichen werden.
iii) Ferner zeigen numerische Simulationen
der Strukturentstehung (Navarro et al. 1995), daß kollabierte Objekte
wie Galaxien und
Galaxienhaufen, wenn man das Zentrum und den äuß eren Bereich
ausspart, sehr gut dem Dichteverlauf einer SIS folgen.
Man kann daher
das SIS-Modell zur Abschätzung der mittleren Verstärkung von einfach
abgebildeten Quellen benützen.
Aufgaben:
· T10
· T11
· T12
3 Bestimmung der Massenverteilung einer Gravitationslinse mit Hilfe von Mehrfachbildern
3.1 Die p×Daumenmethode
Wird eine punktförmige Quelle (Quasar) durch eine Gravitationslinse mehrfach abgebildet, so kann man die relativen Positionen der Bilder sowie ihr Fluß verhältnis (das ist gleich ihrem Verstärkungsverhältnis) beobachten. Ist die Quelle räumlich ausgedehnt (Galaxie), so liefern die Größ e und die räumliche Verteilung des Lichts in den Bildern zusätzliche Information: das Größ enverhältnis der Galaxien muß mit ihrem Fluß verhältnis übereinstimmen, die Lichtverteilung der Bilder muß in erster Näherung durch eine lineare Transformation ineinander überführbar sein. Mehrfachbilder schränken die Parameter für mögliche Massenverteilungen einer Linse ein. Ein gutes Linsenmodell ist dadurch charakterisiert, daß alle Bilder auf dieselbe Position in der Quellebene abgebildet werden und daß der Verstärkungsfaktor an den Bildpositionen für alle Bilder zu einer übereinstimmenden zugehörigen Quellhelligkeit führt. Sind die Bilder ausgedehnt, muß auß erdem die für jedes Bild berechnete Größ e und Lichtverteilung der Quelle übereinstimmen. Das Fluß - und Größ enverhältnis von Bildern muß im Rahmen ihrer Fehlergrenzen gleich sein, weil Verstärkung nur durch eine Raumwinkelverzerrung (2.22) verursacht wird. Ist das nicht der Fall, haben die Bilder nicht dieselbe Quelle, oder Staub entlang der Sichtlinie zu einem oder mehreren Bildern verringert den gemessenen Fluß . Mehrfachbilder von Galaxien führen dann zu besonders spektakulären Erscheinungen, wenn sie sich nahekommen und zu einem sog. `luminous arc' verschmelzen. Solche Bilder befinden sich in der unmittelbaren Nähe einer kritischen Kurve und skizzieren ihren Verlauf näherungsweise. Diese Kenntnis kann zu einer einfachen Massenabschätzung der Linse herangezogen werden: wenn man die kritische Linie durch einen Kreis mit Radius qE approximiert, so gilt für die Masse innerhalb RE = qE Dd
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Mehrfach abgebildete Galaxien enthalten mehr Information als mehrfach
abgebildete Quasare; zudem sind Galaxien bei gleicher Helligkeit sehr viel
häufiger als Quasare. Die Entdeckung eines mehrfach abgebildeten
Quasars ist jedoch einfacher als die Entdeckung von
mehrfach abgebildeten Galaxien. Deswegen war das erste beobachtete
Linsensystem ein Doppelquasar (0957+561, Walsh, Carswell &
Weynman, 1979), und
deswegen konzentrierten sich systematische Suchen nach Linsen im
optischen Bereich vor dem Start des Hubble-Space-Telescopes (HST)
immer nur auf Quasare als mögliche Quellen.
Aufgaben:
· P1
· P2
· P3
· P4
3.2 Massenbestimmung mit Hilfe eines Linsemodelles - hier für den Galaxienhaufen Cl0024
Im folgenden soll versucht werden, die Eigenschaften des Galaxienhaufes Cl0024 mit einem Modell für sein Ablenkpotential y einzuschränken, das die Bildpositionen A-D reproduziert. Wir verwenden dazu ein sogenanntes elliptisches Potential (die Isopotentialkurven sind Ellipsen) der Form
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Aufgaben:
· T13
· P5
· P6
· T14
Für eine quantitativere Analyse benützt man, daß Mehrfachbilder eine gemeinsame Quellposition besitzen. Man
bildet jede Bildposition in die Quellebene ab und ändert die
Parameter des Ablenkpotentials so, daß der gegenseitige Abstand der
vom Modell vorhergesagten Quellpositionen minimal wird. Die kopierte
Figur (`Figur 5a and b') veranschaulicht die Prozedur.
· P7
· T15
· P8
· P9
· P10
· T16
4 Der Versuch
Hilfestellungen:
· 1
Anschauen eines ps-files: `ghostview file.ps' oder `xv
file.ps'. Ausdrucken des ps-files: mit Maus-unterstuetzung von `gh'
oder `xv' aus, oder direkt mit `lpr -Plp0 file.ps'.
· 2
Mit `sm' ein ps-file erstellen: `sm -m macroname.sm file'
(z.b. `sm -m Prak1.sm file').
· 3
Fortran-Programm z.B. mit `f77 fortranprogramm.f' compelieren.
· 4
Editieren der *.sm sowie prak*_infile*.f mit emacs:
`emacs filename &'
Aufgaben:
· T1
Was ergibt sich für den Winkelabstand D(z1,z2)
in einem Einstein-de
Sitter (EdS)-Universum (
W = 1,
L = 0)?
Für den Speziallfall z1 = 0 gilt dann
D(z) º D(z1 = 0,z2 = z) = ??.
· T2
Wie groß ist die Hubble Länge c/H0 für eine
Hubblekonstante von 100 km/(s Mpc). Man schreibt
allgemein c/H0 = ?? Mpc h-1, dabei ist
h = H0/ 100 km/(s Mpc). Für eine
Hubblekonstante von 40 und 80 km/(s Mpc) folgt?
· T3
Für die nächsten beiden Punkte
wird
W = 1 und
L = 0 angenommen.
Ein Beobachter bei z1 = 0 beobachtet eine Struktur
(Galaxie, Galaxienhaufen) bei der
Rotverschiebung z = z1 mit einer Ausdehnung Dq. Für
die Größ e Dx dieser Struktur folgt mit der Definition der
Winkeldistanz
Dx = D(z) Dq.
Wieviel kpc bzw. Mpc entspricht eine
Bogensekunde bzw. eine Bogenminute bei der Rotverschiebung z = 0.4?
Vorsicht! Für die Multiplikation muß der Winkel vom Gradmaß in Steradian umgerechnet werden! Ein typischer Galaxienhaufen hat
einen (Abell)-Radius von 1.5 Mpc h-1. Welchen Winkel
durchmesser hat damit ein typischer Haufen bei einer
Rotverschiebung von z = 0.2, z = 0.4, z = 1.0 und z = 1.5?
· T4
Ein Beobachter habe folgende drei Kameras zur Verfügung:
WFPC-2 am HST (Seitenlänge 1600 Pixel mit einer Skala von
0¢¢.1/Pixel), EMMI am ESO-NTT, (Seitenlänge 2048 Pixel und
0¢¢.27/Pixel) und die UH8K am CHFT (Seitenlänge 8192 Pixel also
`8K' und 0¢¢.2/Pixel). Welches Gesichtsfeld (Field of View = FOV)
überdecken diese drei Kameras, und wie groß sind die Strukturen,
die man maximal bei einer Rotverschiebung von 0.1, 0.4 und 1.0
abbilden kann? Mit welcher Kamera würdest Du am liebsten
Mehrfachbilder
in Galaxien und Arcs in Galaxienhaufen beobachten, warum?
· T5
Der Ablenkwinkel in einer Entfernung b einer Punktmasse
M mit Scharzschildradius Rs = 2 GM/c2 beträgt
|
· T6
Rechne (2.15) nach. Tip für solche, die sich den
Wert von G nicht merken können:
4G/c2 = 2 ( 2 G M\sun /c2 ) M-1\sun = 2 Rs,\sunM-1\sun .
· T7
Nach (2.15) hängt die Stärke einer Linse nicht nur von
ihrer Flächenmassendichte, sondern auch von der relativen Anordnung
des Beobachters, der Linse und der Quelle ab, es gilt
k µ Dd Dds / Ds. Benütze das zur Verfügung gestellte Programm
(prak1.f, Quellrotverschiebung, kosmologische Parameter und Name des
Outputfiles werden in
prak1_infile.f festgelegt),
um die geometrische Linsenstärke Dd Dds / Ds für eine
Linsenrotverschiebung von z = 0.2, 0.4, 1.0 in Abhängigkeit der
Quellrotverschiebung zs zu berechnen. Führe diese Berechnung
für ein EdS-Universum und für den Fall
W = 0.3,
L = 0, sowie
W = 0.3,
L = 0.7 durch.
· T8
Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten
Linsenkonfiguration hängt nicht nur von der (geometrischen) Stärke einer
Linse ab, sondern auch von der Häufigkeit der Linsen. Unter der
Annahme, daß sich die Dichte von Linsen (z.B. Galaxien) nur durch
ihre Expansion ändert, gilt für ihre Anzahl bei der
Rotverschiebung z (pro Raumwinkel und Rotverschiebungsintervall):
N µ (1+z)3 D2(z)×drproper/dz.
Für welche
kosmologischen Parameter erwartet man am meisten solcher Linsensysteme?
· T9
Die Flächenmassendichte und Scherung sind beide zweite
Ableitungen des Ablenkpotentials. Und für schwache Linsen mit
k << 1 gilt g: = | g | » k. Was
folgt in dieser Näherung für den Verstärkungsfaktor?
· T10
Berechne b: = 4p(( s)/ c )2 in Bogensekunden
für eine Galaxie mit einer Geschwindigkeitsdispersion von
s = 220km/s und Galaxienhaufen mit
s = 800, 1000 und
1200 km/s.
· T11
Für die Linsenstärke einer SIS ist wegen (2.23) nicht
nur ihre Geschwindigkeitsdispersion sondern auch die relative
Anordnung von Beobachter, Linse und Quelle verantwortlich.
Untersuche die Monotonie von Dds/Ds für ein Einstein-de Sitter
Universums als Funktion der Quellrotverschiebung.
Welchen Wert hat dieser Quotient für zs ® ¥?
· T12
Berechne diesen Quotient mit Hilfe des zur Verfügung
gestellten Programms
(prak2.f, Linsenrotverschiebung, kosmologische Parameter und Name des
Outputfiles werden in
prak2_infile.f festgelegt),
für Linsenrotverschiebungen von zd = 0.2,
0.4 und zd = 0.8 für dieselben Parametersätze von W und
L wie in 2.3.2. Wie gut gilt im EdS-Fall für zs = 4 der oben
abgeleitete Grenzwert?
· P1
Betrachte den Galaxienhaufen Cl0024+1654, der sich bei einer
Rotverschiebung zd = 0.39 » 0.4 befindet, mit `saoimage'
(Aufruf `saoimage Cl0024_I_hst.fits &'). Diese
Aufnahme wurde mit dem HST im I-Band (FW814-Filter) erhalten.
In der Nähe des Zentrum des Galaxienhaufens (auf dem 3. Chip der Kamera)
ist eine vierfach abgebildete Q-förmige Galaxie
zu sehen. Gefunden? Welcher der in Figur 2 gezeigten
Bildkonfigurationen entspricht die des Vierfachbildes in Cl0024 am
ehesten? Findest Du auch das fünfte Bild?
· P2
Vergleiche die HST Aufnahme mit der CHFT-Aufnahme (180 min im
B-Filter), die unter
hervorragenden Bedingungen (`Seeing' der koaddierten Bilder
ist 0¢¢.7) erhalten wurde. Wo ist im HST-Bild Norden?
Im folgenden wird die in dieser Figur eingeführte Nomenklatur
beibehalten.
· P3
Bestimme aus dem Bild ganz grob den Abstand von C, B und A und des
Gegenbildes D zum Haufenzentrum (in Pixeln).
Notiere dazu vorher `die' Bildpositionen für C, B, A und D in
Pixeln. Die Bilder sind ausgedehnt. Welche Teile der Quelle
entsprechen einander in den verschiedenen Bildern? Was nimmst Du
folglich als `die' Bildposition? Findest Du auch das fünfte Bild?
Diskutiere in der Ausarbeitung (Vergleich mit Figur 2.2) auch, wo Du
das fünfte Bild erwartest! Betrachte jetzt zum Vergleich das
Farbbild (B-I-Farben!) von Cl0024 (blaue/rote Objekte sind blau/rot
in ihrer spektralen Energieverteilung), es wird mit
`xv cl024_color.gif' aufgerufen. Falls Du das fünfte Bild bis jetzt
noch nicht identifiziert hast, kannst Du jetzt das mit E bezeichnete
Objekt in dem dem Cl0024_I_hst.fits-file finden.
Bilde Schätzwerte für den Einsteinradius in Bogensekunden (ein Pixel entpricht 0¢¢.1). Was erhält man, wenn man den Abstand zwischen B und D als Durchmesser für den Einsteinkreis interpretiert? Welche Geschwindigkeitsdispersion des Galaxienhaufens kann man daraus (für eine SIS) ableiten? (Nimm W = 1, L = 0 an. Verwende für die Quellrotverschiebung einmal zs® ¥ bzw. zs = 1.6). Vergleiche die Differenz der oben abgeleiteten Geschwindigkeitsdispersionen mit dem Fehler, den Du (nach dem Fehlerfortplanzungsgesetz aufgrund der ungenauen Messung der Bilderpositionen und des Haufenzentrums erwartest. Verwende dazu einmal DqE = 0¢¢.1 sowie 1¢¢.0.
Berechne für obige Fälle die im Einsteinradius eingeschlossene
Gesamtmasse. Wie groß ist der Einsteinradius in kpc h-1?
· P4
Wenn man das Modell in Figur 2 zugrunde legt, welche obere
Grenze für den Kernradius des Galaxienhaufens kann man dann
ableiten? Kann man diese Abschätzung noch aufrechterhalten, wenn man
die Masse der zentralen Galaxien berücksichtigt?
· T13
Rechne (3.4)-(3.6) nach.
· P5
Nimm an, daß das Haufenzentrum mit dem Maximum der
Lichtverteilung der zentralen Galaxie (CG2)
in Cl0024 übereinstimmt. Wie genau kann man diese Position aus dem
Bild `raten'? Verwende im folgenden als Haufenzentrum diejenige
Position, die SExtractor-Software für diese Galaxie liefert:
xHSTCG2 = 1206.6 und yHSTCG2 = 389.7.
· P6
Führe dieselbe Schätzung für die Galaxien G1 und G2
durch. SExtractor liefert für G1 und G2 die Werte
xHSTG1 = 1122.1 und yHSTG1 = 699.3 bzw.
xHSTG2 = 1067.8 und yHSTG2 = 746.3. Mich
hat zunächst die y-Position von G1 überrascht. Dich auch?
· T14
Das Ablenkpotential (3.2) besitzt vier freie
Parameter. Einen Winkel f (für die Transformation vom
HST-Koordinatensystem in das
|
· P7
Das Programm `prak3.f' minimiert für (in gewissen Rahmen)
wählbare freie
Parameter den Abstand von A,B,C und D (und Subkonfigurationen) in der
Quellebene. Beschreibe die Linse zunächst nur durch den
Galaxienhaufen und lasse alle Parameter im wesentlichen ohne
Einschränkung variieren (prak3_in1.f). Betrachte die ungefähr
vorhergesagten Mehrfachbildsysteme. Es fällt auf, daß vor allem
B viel zu `lang' vorhergesagt wird. An welcher Vereinfachung kann das
liegen?
· T15
Die Galaxien G1 und G2 müssen - wenn sie Masse besitzen
- einen Einfluß auf die Bildpositionen und Ausdehnung der Bilder
haben. Warum ist B am stärksten betroffen und warum hat eine Masse
den größ ten störenden Einfluß , wenn sie sich in der Nähe
einer kritischen Linie befindet?
· P8
Es sei nun die Masse von G1 und G2 zugelassen aber
festgehalten (einmal mit 126 und 137 km/s - das ist ein Schätzwert
von einer ähnlichen Studie von Kassiola, Kovner & Dantel Fort
(1994)- und einmal mit jeweils 210 km/s - dies ist ein Schätzwert
aufgrund der Faber-Jackson Relation). Beobachte wie sich die Form der
Kuspe durch die Störung ändert (verwende dazu prak3_in2.f
und prak3_in3.f).
· P9
Vergleiche die relative Orientierung der `Farbkleckse' mit
der relativen Orientierung, die man aus der Q-Quelle ableiten
kann. Jeweils zwei der vier helleren Bilder
haben eine `positive' bzw. `negative'
Parität (Händigkeit).
Zeichne die Bilder C, B, und A qualitativ in die Ausarbeitung und
zeichne ein, welche Punkte in C und B einander entsprechen.
Welche Parität besitzt das fünfte Bild (E)?
· P10
in prak3_in4.f können die Galaxien G1 und G2 eine
beliebige Geschwindigkeitsdispersion annehmen
zwischen 100 und 300 km/s annehmen. Probier am Schluß aus wie stabil die Reproduktion der Vierfachbilder ist und wie
eindeutig (?) die `best'-fit parameter sind, indem du z.B. eine obere
Grenze für den Kernradius (20 oder 30 Pixel) oder eine untere Grenze
für die Elliptizität (0.04) einführst oder die Haufenposition
als freie Parameter betrachtest.
Verwende dazu prak3_inplay.f.
Welcher Haufenparameter ist am besten
festgelegt?
· T16
In unserem einfachen Modell werden nur `die' Positionen der
vier Bilder als Observablen verwendet. Wie kann man das im Prinzip
besser machen?
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